Die Wolga

Georgij Tschistjakow ist Priester der Russischen Orthodoxen Kirche und leitet die Abteilung „Religiöse Literatur“ der Moskauer Bibliothek für ausländische Literatur.

Die Wolga ist der längste und wasserreichste Strom Europas. Sie hat eine Länge von 3.531 km und ein Einzugsgebiet von 1,38 Millionen Quadratkilometern. Sie entspringt in den Waldajhöhen und mündet bei Astrachan in einem 150 km breiten Delta ins Kaspische Meer; ihr Lauf liegt dabei vollständig auf russischem Staatsgebiet. Das Mündungsgebiet des Flusses liegt in der Kaspischen Senke 26 Meter unter N. N. In den letzten Jahrzehnten wurden Stauanlagen mit Großkraftwerken errichtet; der Ausbau der Wolga in eine Kaskade von 9 Staustufen dient neben der Energiegewinnung der Regulierung der Wasserführung und der Bewässerung weiter Trockengebiete an Mittel- und Unterlauf. Als wichtigste Binnenwasserstraße Russlands ist die Wolga durch Kanäle mit den anderen großen Flüssen Osteuropas und den angrenzenden Meeren verbunden. Die bedeutendsten Städte am Lauf des Flusses sind Nischni-Nowgorod, Kasan, Samara, Saratow, Wolgograd und Astrachan. Die genannte Städte beherbergen hauptsächlich Schwerindustrie, chemische Industrie, Maschinenbau sowie Aluminiumverhüttung. Als Folge davon ist die Wolga heute sehr stark verschmutzt.

Ich war damals zwanzig. Als Student der Moskauer Universität kaufte ich eine Fahrkarte nach Jaroslawl und bewaffnete mich mit dem lateinischen Brevier, was mir kurz zuvor Archimandrit Tavrion geschenkt hatte, ein wunderbarer alter Mönch, der die letzten Jahre in Lettland lebte und schon zu Lebzeiten als Heiliger verehrt wurde. Es ist kein Zufall, so denke ich jetzt, dass mir der weise orthodoxe Asket dieses Büchlein geschenkt hat, da er wohl den Weg meines Lebens erkannte, in welchem die Bemühung um eine Synthese der westlichen und der östlichen Spiritualität den wichtigsten Platz einnehmen sollte, die Bemühung um völligen Frieden (im biblischen Sinne) zwischen Orthodoxie und Katholizismus, zwischen dem christlichen Osten und dem Westen.

Eine sehr alte Dame, die direkt mir gegenüber saß, fragte, was ich lese, und als sie verstand, dass das Buch auf Latein war, sagte sie, dass ihr Vater, der in Jaroslawl das Demidow-Lyzeum besucht hatte, sowohl Latein als auch Griechisch gekonnt hätte, doch sie selbst könne damit natürlich nichts anfangen. Das berühmte juristische Demidow-Lyzeum, eine der ersten Hochschuleinrichtungen in Russland, das seinem Rang nach der Moskauer und der Petersburger Universität gleichkam, wurde 1803 gegründet. Es machte Jaroslawl zu einer Hauptstadt sui generis, zu einer Stadt von intellektueller Elite. Und sofort verstand ich irgendwie, dass das Jaroslawl der früheren Zeiten, die Stadt am Anfang des 20. Jahrhunderts, eine Stadt von jungen Gymnasiastinnen war, die sich zu meiner Zeit in alte Damen verwandelt hatten, dieselbe Stadt, in der Rainer Maria Rilke, als er dorthin gekommen war, zum ersten Mal am Ufer der Wolga stand, die ihn so faszinierte; die Stadt, die es schon lange nicht mehr gibt, dass diese Stadt dennoch aus ihrem Nicht-Sein mich grüßt; in Gestalt dieser alten Dame und ihres Vaters, den man mit größter Wahrscheinlichkeit während der Sowjetzeit erschossen hatte. Das konnte ich sie aber natürlich nicht fragen. Es war schon merkwürdig, dass diese Dame mit mir ein Gespräch über ihren Vater anfing, damals war das ungewöhnlich. Wahrscheinlich sagte das alte lateinische Buch in meinen Händen ihr, dass man mit mir darüber sprechen könne, dass ich keiner von den Komsomolzen sei.

Es war fast elf Uhr abends, als der Zug hielt. Ich musste noch weiter fahren, zu den Verwandten meiner Freunde, bei denen ich über Nacht bleiben sollte, aber ich wollte die Wolga sehen. Die Wolga ist nicht einfach ein Fluss, die Wolga ist eine ganze Welt. Rilke schrieb: „Hier erhält man von Neuem Ausmaße und Maßstäbe. Man erfährt: das Land ist groß, das Wasser ist etwas Großes, aber vor allem groß ist der Himmel“. Natürlich musste ich zuerst zum Ufer der Wolga, die Flussluft einatmen und hören, wie die Dampfer hupen. Zu Anfang des Jahrhunderts nannte man diese riesigen Wolgadampfer „Flugzeuge“, das erzählte mir Elena Wassiljewna Sverewa, die Tochter eines Arztes aus Jaroslawl, der vor langer Zeit hier ein bakteriologisches Labor aufgebaut hatte. Auch wenn es natürlich zu Beginn der siebziger Jahre kaum noch Dampfer gab und ich in jener Nacht die Huptöne von ganz modernen, wenn auch nicht besonders komfortablen Schiffen hörte. Sie waren nicht komfortabel im Unterschied zu den „Flugzeugen“, auf deren Deck Champagner floss und galante Kavaliere schönen Damen Komplimente machten. Doch all das war einmal …

Ich fuhr schnell mit dem Oberleitungsbus zum Ufer und stellte mich an einen runden Kiosk, der über dem hohen Flussufer stand. Dort war sie: die Wolga, ein Fluss, der mehr dem Meer ähnlich ist, unglaublich breit, aber er erdrückt einen nicht durch seine Größe, sondern er beflügelt, begeistert, öffnet den Weg zum Himmel, zu Gott. Es war schon ganz dunkel und spät, aber viele Menschen spazierten auf der Uferstraße, weil das einer der seltenen heißen Sommertage war, an denen es auch nachts noch warm war und man leicht atmen konnte und überhaupt alles wunderbar erschien … Jemand sang zur Gitarre, jemand tanzte, jemand spazierte einfach einher. Und die Wolga trug ihre Wasser flussabwärts, an Nischni-Nowgorod vorbei, Kasan, Samara und Saratow, dorthin, wo sich an ihrer Mündung Astrachan befindet, das Tor, das aus Russland in den Orient führt, fast nach Indien. Es ist kein Zufall, dass sich bereits im Mittelalter dort indische Kaufleute ansiedelten, die mit orientalischen Geweben und Wertgegenständen handelten, mit Pfeffer, Zimt und anderen Annehmlichkeiten, an denen der wohlriechende Orient so reich war.

Ich ging spazieren und träumte und atmete die Luft mit dem frischen Wassergeruch, während sich die kurze Sommernacht schon dem Ende zu neigte. Dann setzte ich mich auf eine Bank direkt am sandigen Ufer und schlummerte ein. Ich erwachte, als es schon ganz hell war, etwa gegen vier Uhr. Am Ufer war fast niemand. Nur ein junger Mann und ein junges Mädchen, die sich mit einer Plane bedeckten, die sie von einem Sonnendach gerissen hatten, gaben sich der Liebe hin. Und die Wolga war bei Sonnenlicht in den Strahlen des frühen Morgen schon ganz anders. Nicht so großartig wie in der Nacht, sondern wunderbar ruhig. Ich hätte gerne gebadet, aber ich fürchtete, die jungen Verliebten zu stören, und beeilte mich, schnell in die Stadt zu gehen.

An diese Begegnung mit der Wolga erinnere ich mich ganz besonders, obwohl ich seit jener Zeit viele Male dort gewesen bin, sowohl in Nischni-Nowgorod als auch in Samara und in anderen Städten des Wolgagebietes. Allein das Wort „Wolgagebiet“, das kaum aus der russischen Sprache übersetzt werden kann, bezeichnet eine ganze Welt um die Wolga herum, um den Fluss herum, an dessen Lauf nicht nur Russen leben, sondern auch Tataren, Tschuwaschen, Marizen und die Wolga-Deutschen, die unter Zarin Katharina der Großen hierher gekommen sind und von Stalin nach Kasachstan umgesiedelt wurden, sowie viele andere Völker.

Die Wolga, „Nachr ar-rus“, „russischer Fluss“, wie die arabischen Autoren des 10. Jahrhunderts sie nennen, oder „Itil“, wie die Tataren sie heute nennen, war immer ein multinationaler Fluss. Saratow war eine Stadt, wo immer schon die Angehörigen unterschiedlicher religiöser Bekenntnisse ohne irgendwelche Konflikte miteinander lebten: Orthodoxe, Katholiken und Lutheraner, Mennoniten, Juden und Muslime. Die Schönheit der orthodoxen Kirchen stand neben der Gotik der katholischen Kirchen, der orientalischen Eleganz der Moscheen und der Einfachheit der Synagogen. Und Samara? Dorthin sind die Menschen von überall her gekommen und haben sich angesiedelt. Wahrscheinlich gab es in ganz Russland kein Gouvernement, wo es eine solche Mischung aller möglichen Menschen gegeben hätte: Ukrainer, Russen, Tataren, Deutsche, hier findet man auch Nachkommen der Strelitzen und Kosaken, die Nachkommen von davongelaufenen Soldaten und Anhängern des altgläubigen Schismas.

Wo die Wolga ins Kaspische Meer mündet, befindet sich Astrachan, seit dem 16. Jahrhundert Wohnsitz armenischer, persischer und indischer Kaufleute. Die armenischen Kaufleute eroberten den Unterlauf der Wolga bereits im 14. Jahrhundert. Zu dieser Zeit begab sich der spanische Franziskanermönch Paschalius aus Vitoria (sein Brief vom 10. August 1338, den er in sein Kloster geschickt hatte, ist erhalten) aus Sarai, der Hauptstadt der Goldenen Horde, wo er ein ganzes Jahr gelebt hatte, nach Zentralasien in Begleitung armenischer Kaufleute. Sarai, das nicht weit vom heutigen Astrachan entfernt lag, war eine typisch orientalische Stadt. Hier lebten verschiedene Völker: Mongolen, Alanen, Kiptschaken, Tscherkessen, Russen und Byzantiner. In den Städten am Unterlauf der Wolga fanden sich Waren aus den Kaukasusländern sowie aus dem Iran, der Rus‘, aus Zentralasien und aus China. Auch die Kaufleute aus Westeuropa, vor allem aus Genua und Venedig, die die Räume des Kaspischen Meeres erobert hatten, kamen nicht daran vorbei.

Im 18. Jahrhundert existierte in Astrachan ein sehr großes armenisches Viertel; die Stadt wurde zu einem der wichtigsten Zentren der Entwicklung der armenischen Kultur. Auch gab es verschiedene Bildungseinrichtungen: eine Volksschule von Agababow, eine Bistumsschule und ein armenisches Seminar, die Zeitung „Orientnachrichten“ erschien in armenischer Sprache. Da viele Armenier, die im 17. Jahrhundert nach Astrachan umgesiedelt waren, sich an den katholischen Glauben des armenischen Ritus hielten, gab es in der Stadt auch katholische Missionare. Einer von ihnen war Adam Olearius (oder Ölschläger), der in seiner „Genauen Beschreibung der Reise der holsteinischen Gesandtschaft nach Moskowien und Persien in den Jahren 1636/1639“ diese schildert. Seit dem 17. Jahrhundert versorgt Astrachan Moskau mit Trauben und mit Wein, worüber Olearius ebenso berichtete wie der holländische Reisende Jan Struys, der Astrachan am Ende des 17. Jahrhunderts besuchte. „In der Stadt leben Perser und Inder“, schrieb Olearius, „und sie alle haben ihre eigenen Handelsplätze. Ebenso Leute aus Buchara, Tataren von der Krim und aus Nogai, Armenier, Christen und all diese Völker führen bedeutenden Handel mit Waren aller Art und Industrie, sodass diese Stadt seiner kaiserlichen Hoheit jährlich riesige Summen zuführt, die allein an Steuern 12.000 Rubel betragen.“

Astrachan war auch für Rom als Stützpunkt für die katholische Predigt unter den Nomaden und als Ausgangspunkt für die weitere Missionierung im Orient wichtig. Den katholischen Missionaren verdankt die Stadt die griechisch-lateinische Schule, die Russland einen der ersten russischen Akademiker und Intellektuellen gegeben hat, vielleicht den gebildetsten Menschen Russlands des 18. Jahrhunderts und bekannten Poeten der Epoche von Katharina der Großen, Wasili Trediakowski.

Die Wasser der Wolga waren reich an Fisch. Der Fluss wurde in Abschnitte eingeteilt, die von den Kaufleuten gepachtet werden konnten. Sie stellten Fischer für den Fischfang ein. Ein Teil der Fische wurde in Astrachan verkauft, ein Teil in andere Städte Russlands geliefert. „Die Wolga bringt an diesem Ort und bis zum Kaspischen Meer eine außergewöhnlich reiche Beute jeder Art von Fisch, der hier sehr billig ist“, erzählt Adam Olearius. Auf den Inseln, die nicht weit von Astrachan liegen und die von Schilf und Buschwerk umwachsen sind, gab es viele Arten von Wild. Sie wurden mit Falken und Habichten gejagt. Äpfel, Walnüsse und Melonen wuchsen in großer Zahl.

Doch kehren wir in das Gebiet der mittleren Wolga zurück, nach Nischni-Nowgorod. Die Stadt liegt an der Mündung der Oka in die Wolga, an einer Kreuzung von Handelswegen. Deswegen wurde hier die berühmte Handelsmesse organisiert. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war sie 150 Hektar groß, gewissermaßen eine selbstständige Stadt mit acht Plätzen und 30 gepflasterten Straßen. Bis zu 15.000 Kaufleute nahmen an den Messen teil; die Zahl des Dienstpersonals betrug über 100.000 Menschen. Der Import auf die Messe von Nischni-Nowgorod stellte in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Hälfte des gesamten Messeumsatzes Russlands dar.

Die Messe von Nischni-Nowgorod war traditionell eng mit den asiatischen Ländern verbunden. Die Zahl der asiatischen Kaufleute in den vierziger und fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts war immer hoch; gemeinsam mit den Armeniern, die eine Verbindung zwischen Nischni-Nowgorod und dem Kaukasusgebiet darstellten, betrug sie elf Prozent aller Handelstreibenden auf der Messe (die Westeuropäer stellten nur fünf Prozent). Wegen des großen Anteils von Händlern asiatischer Herkunft nannten Ausländer die Messe von Nischni-Nowgorod die „russische Karawanserei“.

Das Wolgagebiet lässt sich nicht ohne die Deutschen denken. Die deutsche Diaspora entstand, nachdem 1762/63 Zarin Katharina die Große Kolonisationsmanifeste veröffentlichte, die Ausländer einluden, sich in Russland niederzulassen. Die Neusiedler erhielten eine Reihe von Privilegien, wenn sie in das Russische Reich kamen. So wurden in den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts im unteren Wolgagebiet auf den Gebieten der heutigen Kreise Saratow und Wolgograd 106 deutsche Kolonien gegründet, in denen 25.600 Menschen lebten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es im Wolgagebiet 190 Kolonien mit 407.000 Menschen, vor allem deutscher Nationalität, die man seit dem Ende des 19. Jahrhunderts „Wolgadeutsche“ nannte. Nach den Daten der Volkszählung von 1939 lebten in der autonomen Republik der Deutschen des Wolgagebiets 366.685 Deutsche, die damit 60,4 % der Bevölkerung der Republik bildeten. Im Gebiet von Saratow gab es 42.970 Deutsche (2,4 % der Bevölkerung), im Gebiet von Stalingrad 23.751 (1 %). Hier wurden Bücher in deutscher Sprache publiziert (ich habe eine in der Sowjetzeit gedruckte zweibändige Ausgabe des Faust von Goethe); es gab deutsche Theater, Zeitungen usw.

Als jedoch der Krieg begann, begaben sich aufgrund eines Befehls des NKWD vom 27. August 1941 Mitarbeiter dieser Einrichtung, Milizionäre und Rotarmisten in die Republik der Wolgadeutschen. Jede deutsche Familie wurde registriert. Manchmal überließ man die Aufzeichnung den Deutschen selbst, welche mit der ihnen eigenen Genauigkeit Listen der Dorfbewohner zusammenstellten, ohne zu wissen, wozu sie bestimmt waren. Bereits am nächsten Tag, am 28. August, wurden die Deutschen durch einen Ukas des Präsidiums des obersten Sowjets beschuldigt, in ihren Reihen Spione und Saboteure verborgen zu haben. Die Regierung beschloss, alle Deutschen aus dem Wolgagebiet in die Kreise von Nowosibirsk, Omsk, Altaj und Kasachstan umzusiedeln. Eine der Umgesiedelten, Emma Barje, die zu diesem Zeitpunkt zehn Jahre alt war, erzählt: „Zu uns nach Hause kam ein Vertreter der Behörden. Das war im August. Er sagte: ‚Packt, ihr habt 24 Stunden, dann müsst ihr am Bahnhof sein.‘ Die Eltern nahmen die Kinder, etwas Wäsche zum Wechseln und etwas zu essen. Mehr konnten sie nicht mitnehmen. Wir gingen aus dem Haus. Meine Mutter weinte natürlich. Ein Kind hatte sie auf dem Arm, ein anderes hielt sie an der Hand, und ich konnte schon alleine gehen … Sie steckten uns in einen Viehwaggon, wo es nicht einmal Bänke gab. Die Türen wurden verriegelt. Bei jedem Waggon stand ein Wachposten mit einer Maschinenpistole. Innen waren sowohl Alte wie auch Kinder und junge Menschen. Wir saßen auf dem Boden, dort aßen wir auch. Man ließ uns nicht hinaus. Nur, wenn der Zug irgendwo in der Einsamkeit stehen blieb, konnten wir schnell raus. Der eine unter den Zug, der andere woanders hin, und nach kurzer Zeit lud man uns wieder ein und es ging weiter.“

1964 erfuhren die Deutschen ihre Rehabilitierung. Acht Jahre später, 1972, wurden die Einschränkungen hinsichtlich der freien Wahl des Wohnortes aufgehoben. Ein Teil der Deutschen kehrte ins Wolgagebiet zurück. Heute hat das Wolgagebiet immer noch nicht seinen internationalen Charakter, sein internationales Kolorit verloren, obwohl viele der Russlanddeutschen nach Deutschland ausgewandert sind. Das Wolgagebiet ist das echte Russland in dem Sinne, dass Russland niemals ein mononationaler Staat gewesen ist. Die Wasser der Wolga haben sowohl orientalische Schiffe als auch Kaufleute aus Westeuropa getragen, und sowohl der orthodoxe als auch der deutsche Katholik, der Lutheraner, der Altgläubige, der muslimische Tatar und der heidnische Tschuwasche haben hier Fisch gefangen und am Ufer Feuer entfacht. „Wolga, Wolga, liebe Mutter“ wird in einem alten Lied gesungen. Wie wichtig ist es, dass du, Wolga, für uns alle Mutter bleibst, die wir so unterschiedlich sind, aber die wir zum Glück auf demselben Planeten und an den Ufern desselben Flusses wohnen.

Deutsch von Thomas Bremer.