Der Kaukasus in der Literatur

aus OWEP 4/2003  •  von Adolf Hampel

Prof. Dr. Adolf Hampel ist emeritierter Professor für Kirchengeschichte an der Universität Gießen.

Unter dem Begriff „Kaukasus“ werden Inhalte unterschiedlichen Ausmaßes verstanden. Die beiden Gebirgszüge des Großen Kaukasus und des Kleinen Kaukasus sind der Ausgangspunkt für die Bezeichnung der gesamten Region, die den Südlichen Kaukasus (Transkaukasien) und den Nördlichen Kaukasus umfasst. Häufig werden die drei unabhängigen südkaukasischen Republiken Armenien, Aserbaidschan und Georgien unter dem Namen Kaukasus zusammen gefasst. Ihnen stehen die zur Russischen Föderation gehörenden nordkaukasischen Republiken gegenüber.

Deutsche Literatur über den Kaukasus

Die auf die kaukasischen Kriege sich beziehende Literatur hat ihren Schwerpunkt im nordkaukasischen Gebiet; hingegen nimmt die romantisierende belletristische Literatur ihre Inhalte vorwiegend aus dem südlichen Kaukasus, besonders aus Georgien.

Obwohl die literarischen Kontakte zwischen Europa und dem Kaukasus bis in die Zeit der Kreuzzüge und Minnesänger zurück reichen, hat der Kaukasus in den Augen der Europäer immer noch etwas Exotisches an sich. In den Werken Wolfram von Eschenbachs und Oswald von Wolkensteins sind Bemerkungen über kaukasische Völker enthalten. So erwähnt Wolkenstein, er sei in Iberien (lateinischer Name für Georgien) gewesen. Ausführlicher sind die Angaben über kaukasische Länder in dem Bericht „Reisen in Europa, Asia und Afrika von 1397 bis 1427“ von Johann Schiltberger, einem schriftstellernden Abenteurer. Als Gefangener des gefürchteten Timur Lenk (Tamerlan) wurde er durch den südlichen Kaukasus geschleppt, den er als „an weinwachs gar fruchtbares land“ bezeichnet.

Waren die bisher erwähnten Nachrichten Nebenprodukte weitausgreifender Reiseberichte, so ersteht im 19. Jahrhundert in Friedrich Bodenstedt ein romantischer Schriftsteller, der den Kaukasus zu einem zentralen Thema seines literarischen Schaffens macht. Nach einem viereinhalbjährigen Aufenthalt in Georgien erscheint 1847 in Berlin das Buch „Die Völker des Kaukasus und ihr Kampf für Freiheit gegen Rußland“. Drei Jahre später folgt „Tausend und ein Tag im Orient“. Ein Gedichtband „Die Lieder des Mirsa Schaffi“ enthalten Gedichte wie „Die schönen Mädchen von Tiflis“, „Die Gletscher leuchten“, „Wohl wandelt ich heimliche Pfade“. Eine Freundschaft mit Michail Lermontow hat seine Zuneigung zum Kaukasus nachhaltig vertieft.

Bertha von Suttner (1843-1914), die aus Mähren stammende Autorin des zu Weltruhm gelangten Buches „Die Waffen nieder“, verbrachte auf Einladung der Fürstin von Mingrelien neun Jahre in Georgien. In ihren Lebenserinnerungen widmet sie große Teile ihren Erfahrungen im Kaukasus. Der aus Breslau stammende Schriftsteller und Journalist Arthur Leist (1852-1927) hat den Kaukasus zum Hauptthema seines Lebens gemacht. In zahlreichen Schriften und Artikeln hat er jahrzehntelang deutsche Zeitschriften und Zeitungen mit Berichten über seine zweite Heimat, den Kaukasus, versorgt. Sein Grab mit deutscher Inschrift befindet sich auf dem Ehrenfriedhof Didube in Tbilisi/Tiflis. Sein Name gehört zum festen Bestand georgischer Lesebücher.

Unübertroffene Leit- und Symbolfigur deutscher Kultur in Transkaukasien ist nach wie vor Goethe. Von allen literarischen Gesellschaften in Tbilisi (Byron-, Shakespeare-, Rilke-, Cervantes-, u. a. Gesellschaften) ist die Goethe-Gesellschaft die aktivste. Ein Goethekabinett am Germanistischen Institut der Universität Tbilisi, Buchpublikationen wie „Die philosophische Weltanschauung Goethes (Jerewan 1983), „Der schöpferische Weg Goethes“ (Tbilisi 1984) und zahlreiche Aufsätze zeugen von der Verehrung des deutschen Dichterfürsten. Das Institut für Philosophie und Recht der Armenischen Akademie der Wissenschaften lud aus Anlass des 150. Todestages Goethes 1982 mit folgendem für sowjetische Zeiten aufsehenerregendem Zitat zu einem Symposium ein: „Wenn im Unendlichen dasselbe sich wiederholend ewig fließt, das tausendfältige Gewölbe sich kräftig ineinander schließt, strömt Lebenslust aus allen Dingen, dem kleinsten wie dem größten Stern, und alles Drängen, alles Ringen ist ewige Ruh in Gott dem Herrn.“

Im Grenzgebiet zwischen nüchternem Sachbuch und literarisch anspruchsvollem Reisebericht bewegen sich die Werke zahlreicher Kaukasusreisender im 19. Jahrhundert. In einem Sammelband haben die Herausgeber Jürgen Breuste und Burkhard Malich eine Auswahl deutschsprachiger Berichte unter dem Titel „Reisen im Kaukasus“ zusammengefasst. Autoren, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen, kommen darin zu Wort, u. a. Julius von Klaproth, Moritz von Kotzebue, Friedrich von Bayern und Rudolf Virchow. Zu dieser Reihe kann auch der aktuelle Bericht von Fritz F. Pleitgen „Durch den wilden Kaukasus“ (Köln 2000) gezählt werden.

Das Thema bei russischen Schriftstellern

Wie beachtenswert und alt die bilateralen deutsch-kaukasischen Kontakte in der Literatur auch sein mögen, so sind es doch die russischen Schriftsteller, die dem Thema Kaukasus Eingang in die Weltliteratur verschafft haben. Mehr noch als Italien die europäischen Dichter anzog, faszinierte der Kaukasus die russischen Poeten: Alexander Puschkin, Alexander Gribojedow, Lew Tolstoi, Andrej Belyj, Maxim Gorki, Ossip Mandelstam, Lew Gumiljew.

Der eigentliche Sänger des Kaukasus aber ist Michail Lermontow (1814-1841). Über allem Streit der Völker, über der Gier der Eroberer und der Härte der sich verteidigenden Bergbewohner steht für ihn die erhabene Natur des Kaukasus: „Hier atmet alles Einsamkeit. Hier ist alles rätselhaft – sowohl die dichten Lindenalleen, die sich über den Bach neigen, der sich mit Tosen und Schäumen von Klippe zu Klippe stürzend einen Weg durch die grünen Berge bahnt, als auch die Schluchten voller Dunkel und Schweigen. Eine herrliche Landschaft! Von allen Seiten unbesteigbare Berge, rot schimmernde Felsen, die von Efeu behangen und von Platanengehölzen gekrönt sind, gelbe Abbrüche mit stark eingezeichneten Wasserrinnen, und hoch, hoch oben der goldene Saum der Schneefelder ...“ Der Tod Puschkins im Duell hatte Lermontow zutiefst erschüttert. Er ahnte voraus, dass er auf gleiche Weise sein junges Leben beenden werde. Kurz vor seinem Tod beschrieb er dies im „Traum“: „In der Mittagsglut lag ich im dagestanischen Tal, unbeweglich, mit dem Blei in der Brust, noch rauchte die tiefe Wunde und träufelte das Blut, allein lag ich auf dem Sande des Tales ...“

Ein moderner russischer Schriftsteller, Andrej Bitow, zeigt sich in seinem Roman „Mensch in Landschaft“ fasziniert von der rhetorischen Begabung der Kaukasier, die vor allem bei Trinkgelagen sprudelt: „Selten nur war mir eine Rednergabe untergekommen wie die Daurs. Als Tamada (d. h. Zeremonienmeister) bei Trinkgelagen schlägt er jeden, besonders in Anwesenheit von Damen ist er überaus redegewandt und geistreich, sodass ich sogar ab und zu neidisch war, wie sehr er mich bei derartigen Gelegenheiten übertraf ...“ Zu welchen halsbrecherischen Wendungen der Rednerwettstreit führen kann, zeigte bei dieser Gelegenheit der Auftritt von Pawel Petrowitsch. „... im weiteren fand er spielerisch Verbindungen zwischen folgenden Wörtern: ‚Rußland, Kolchose, Nomaden, Neutronenbombe, ‚ohne einen einzigen Nagel‘, Brandrodung, ‚mit dem Mist in der Hand‘, Floß und Kirche, ‚achtzehn Kriege gegen die Türken und nicht einmal die Dardanellen‘, Wikinger, Teutonen, Schweden, Tataren, Litauer, Türken, Polen, Jermak, ‚nach Osten‘, Sümpfe, Fenster nach Europa, Sibirien, Areal, Europa, Tundra, Pferde, Häute, Weiber, Vieh abschlachten, Volksstämme der Ureinwohner ... Schade um Alaska!, Chruschtschow ... Mein Gott, wohin war er abgedriftet ...!“

Landschaftsromantik und Tamada-Rhetorik können nicht darüber hinweg täuschen, dass der mehrhundertjährige Krieg zwischen Russland und den kaukasischen Völkern ein Leitmotiv des Themas Kaukasus in der russischen Literatur ist. Alexander Puschkin preist in seinem Poem „Der Gefangene im Kaukasus“ die kriegerischen Taten des russischen Heeres. In der reizenden Erzählung „Die Reise nach Arzrum während des Feldzugs im Jahre 1829“ bietet er eine poetische Schilderung von Land und Leuten. „Unlängst hat man einen friedlichen Tscherkessen gefangen, der auf einen Soldaten geschossen hatte. Er rechtfertigte sich damit, sein Gewehr sei zu lange geladen gewesen. Was macht man mit so einem Volk?... Reichtum könnte ihre Zähmung wohltuend beeinflussen: der Samowar wäre eine wichtige Neuerung. Es gibt ein stärkeres Mittel, ein moralischeres, das der Aufklärung unseres Jahrhunderts besser entspräche: die Predigt des Evangeliums ... Der Kaukasus wartet auf christliche Missionare. Doch unsere Faulheit hat es leichter, statt des lebendigen Wortes tote Buchstaben auszugießen und stumme Bücher an Menschen zu schicken, die weder lesen noch schreiben können.“

Lew Tolstoi verabschiedet sich von der Romantik und rechnet mit der Barbarei des Krieges im Kaukasus in seinem letzten Roman „Hadschi Murat“ schonungslos ab. Die Sympathie des Moralisten Tolstoi gehört den Völkern des Kaukasus. Nicht die naturverbundenen Völker Tschetscheniens und Dagestans erscheinen als kulturlose Barbaren, sondern die russischen Truppen, die der Weisung des primitiven, selbstgefälligen Zaren Nikolaus I. folgen: „Er (der Kommandant der russischen Truppen) soll sich streng an mein System halten, die Ansiedlungen der Tschetschna zerstören, die Verpflegung unmöglich machen und sie durch fortgesetzte Überfälle beunruhigen“, sagte Nikolai. Das Resultat einer nach dieser Weisung erfolgten Pazifizierungsaktion zeigt das Scheitern der russischen Kaukasuspolitik: „Ein Bajonettstich in den Rücken hatte ihn (Sados Sohn) getötet. Sados ehrbare Frau, die Hadschi Murat bei seinem Besuch bedient hatte, stand jetzt mit zerrissenem Hemd, das ihre alten, schlaff herabhängenden Brüste sehen ließ, mit aufgelösten Haaren an der Leiche ihres Sohnes und kratzte sich wehklagend das Gesicht blutig ... Der alte Großvater saß an der Wand der eingestürzten Hütte, schnitzte an einem Stöckchen herum und sah stumpf vor sich hin. Er war eben erst aus seinem Bienengarten herübergekommen ... Die Aprikosen- und Kirschbäume, die er gepflanzt hatte, waren abgehauen und halb verkohlt, und, was ihn am schwersten traf, auch die Bienenstöcke mit allen Bienen waren verbrannt ... Der Brunnen war verunreinigt worden, offenbar mit Absicht, und man konnte kein Wasser aus ihm schöpfen. Ebenso war die Moschee verunreinigt, und der Mullah mit seinen Gehilfen musste sie säubern. Kein Wort des Hasses gegen die Russen wurde laut. Das Gefühl, das alle Tschetschenen, vom jüngsten bis zum ältesten, ihnen gegenüber empfanden, war stärker als Hass. Es war nicht Hass, sondern das Gefühl der Unmöglichkeit, diese russischen Hunde überhaupt als Menschen anzusehen, es war ein solcher Abscheu und Ekel, ein so fassungsloses Erstaunen über die sinnlose Grausamkeit dieser Geschöpfe, dass der Wunsch, sie wie Ratten, Wölfe oder giftige Spinnen auszurotten, ebenso selbstverständlich erschien wie der Trieb der Selbsterhaltung.“

Die tragische Ratlosigkeit nach 200jährigem Ringen um den Kaukasus kommt auch in zeitgenössischen Werken über den Krieg in Tschetschenien zum Ausdruck. Arkadij Babčenko lässt Artem, den Helden seines Zyklus „Zehn Serien über den Krieg“, in grausamen Kämpfen zur Erkenntnis kommen, dass er am Tod unschuldiger Menschen schuld ist, dass er in Tschetschenien „als Mensch gestorben“ ist, während „ein Soldat geboren wurde“ – kalt, voller Hass, ohne Skrupel und Seele, ohne Vergangenheit und Zukunft.

Dichter des Kaukasus

Neben den in Europa bekannten nicht-kaukasischen Schriftstellern und Dichtern, durch die der Kaukasus als literarischer Topos weltweit berühmt wurde, existiert seit Jahrhunderten eine reiche kaukasische Literatur, die leider nur mangelhaft zur Kenntnis genommen wird.

Zu den großen Werken der Weltliteratur gehört zweifellos das Versepos „Der Recke im Tigerfell“ des georgischen Dichters Schota Rustaweli. Um das Jahr 1200 entstand dieser Ritterroman in Versen mit über 6.000 Zeilen. Übersetzungen in alle großen Sprachen konnten das mit „El Cid“ oder „Parsifal“ vergleichbare Werk in einer breiten europäischen Öffentlichkeit leider nicht bekannt machen. Bereits der Prolog thematisiert den hohen philosophischen und religiösen Anspruch des Epos:

Der den Weltenbau erschaffen,
groß in grenzenlosem Walten,
ließ aus hohem Himmels-Odem alles Leben sich entfalten,
und er gab uns Menschen diesen Erdkreis bunter Vielgestalten,
wo die Antlitze der Fürsten ihm als eignes Abbild galten.

Viele aphoristische Aussagen des Epos haben Eingang in die georgische Umgangssprache gefunden. Dadurch hat Rustaweli maßgeblich zur Bildung hoher ethischer Ideale beigetragen. Tapferkeit, Vaterlandsliebe, Schutz der Schwachen, Gastfreundschaft gehören zum angestrebten Verhaltenskatalog im Kaukasus. Einige Beispiele verbreiteter Aphorismen belegen das: „Besser ein Tod in Ehren als ein Leben voller Schande. – Wer nicht Freunde sucht auf Erden, ist sich selbst der ärgste Feind. – Einen, der den Freund verlassen, wird der Trennung Gram verzehren. –Wer von Gott sich Glück erbittet, muss auch Leid zu tragen wissen.“

Das bis heute andauernde Bemühen der Kaukasier, zu Europa zu gehören, wird im Roman „Ali und Nino“ des 1905 in Baku geborenen Kurban Said deutlich: „Wir waren vierzig Schüler in der dritten Klasse des Kaiserlich-Russischen Humanistischen Gymnasiums in Baku: dreißig Moslems, vier Armenier, zwei Polen, drei Sektierer und ein Russe. Andächtig lauschten wir, was uns Professor Sanin über die ungewöhnliche geographische Lage unserer Stadt zu sagen hatte: ‚Die natürlichen Grenzen des europäischen Kontinents werden im Norden vom Polarmeer, im Westen vom Atlantischen Ozean und im Süden vom Mittelmeer gebildet. Die Ostgrenze Europas zieht sich durch das Russische Kaiserreich, den Ural entlang, durchschneidet das Kaspische Meer und läuft dann durch Transkaukasien. Hier hat die Wissenschaft ihr letztes Wort noch nicht gesprochen. Während manche Gelehrte das Gebiet südlich des kaukasischen Bergmassivs zu Asien gehörig betrachten, glauben andere, auch dieses Land als Teil Europas ansehen zu müssen, zumal im Hinblick auf die kulturelle Entwicklung. Es hängt also gewissermaßen von eurem Verhalten ab, liebe Kinder, ob unsere Stadt zum fortschrittlichen Europa oder zum rückständigen Asien gehören soll‘.“

Der Reiz eines multinationalen kulturellen Lebens wird uns vom abchasischen Schriftsteller Fasil Iskander in seinen Romanen über Sandro von Tschegem vor Augen geführt. Zur Vielzahl der vorhandenen Völker erfindet er noch ein fiktives, die Endurier, hinzu. Als auf Stalins Befehl die Griechen deportiert werden sollen, stellen sich die Abchasen den Soldaten in den Weg: „... Abschiedsgeheul brach los ... Heute hört man kein Griechisch, kein Türkisch mehr in unserm Land, und mein Herz trauert, und mein Ohr ist verwaist. Seit meiner Kindheit war ich an unser kleines Babylon gewöhnt. Wir waren gewöhnt in der Luft meiner Heimat, Abchasisch, Russisch, Georgisch, Mingrelisch, Armenisch, Türkisch, Endurskisch (ja, ja, Onkel Sandro, auch Endurskisch!) zu hören, und nun, da aus dieser süßen Vielstimmigkeit, aus der sprudelnden Frische des Völkergeplappers die vertrauten Stimmen verbannt sind, findet mein Ohr keine Freude mehr, hat die Luft der Heimat ihren Zauber verloren!“

Einen tiefen Einschnitt in das traditionelle Wertesystem der kaukasischen Völker hinterließ die siebzigjährige Sowjetherrschaft. Mehr als die schrecklichen Verwüstungen der großartigen Kirchengebäude beklagten Schriftsteller und Künstler die Verwüstung, die im Menschen selbst angerichtet wurde. Diese Erkenntnis hat in der Zeit unmittelbar nach der Wende einen Wandel des literarischen Helden mit sich gebracht. An die Stelle des sozialistischen Helden, der die Natur und Gesellschaft in seinen Griff zwingt, ist die Gestalt des sanftmütigen, ergebenen, demütigen Menschen getreten, der in Ehrfurcht und Achtung vor seiner Umwelt und seinen Mitmenschen sein einfaches Leben lebt und einen würdigen Tod stirbt. Um den würdigen Tod, der dem gewalttätigen Tyrannen versagt bleibt, geht es im ersten sowjetischen Antityrannen-Film „Die Reue“ (Pokajanie). In Zusammenarbeit mit dem georgischen Patriarchen Ilija II. hat der Regisseur Abuladse seinem Film eine religiöse Note gegeben. Den Schluss des Films bildet ein Gespräch folgenden Inhalts: Eine Frau fragt einen Anwohner: „Führt diese Straße zur Kirche?“ Antwort: „Nein“. Letzter Satz des gesamten Films: „Wozu taugt eine Straße, wenn sie nicht zur Kirche führt?“