Renovabis-Projekte und das „Aktionsbündnis gegen Frauenhandel“

aus OWEP 2/2015  •  von Burkhard Haneke

Burkhard Haneke ist Geschäftsführer bei Renovabis, Mitglied der Redaktion von OST-WEST. Europäische Perspektiven und vertritt Renovabis im „Aktionsbündnis gegen Frauenhandel“.

Zusammenfassung

Auch das katholische Osteuropahilfswerk Renovabis setzt sich gegen den Frauenhandel ein und fördert Hilfsprojekte für Opfer von Zwangsprostitution in zahlreichen Ländern Ost- und Südosteuropas. Der folgende Beitrag vermittelt dazu einen Überblick und skizziert außerdem die Entstehung und das Engagement des „Aktionsbündnisses gegen Frauenhandel“.

Nur wenige Jahre nach Gründung von Renovabis (1993) war das Osteuropahilfswerk auch mit Anträgen konfrontiert, die mit dem Problem von Zwangsprostitution und Frauenhandel zu tun hatten. Mit dem – begrüßenswerten – Fall des Eisernen Vorhangs zwischen Ost und West (1989 bis 1991) und der beginnenden EU-Osterweiterung (2004) setzte eine verstärkte Armutsmigration von Ost nach West in Europa ein, in deren Kontext auch die organisierte Kriminalität, Menschenhandel und Zwangsprostitution blühten.

Viele der in Deutschland zur Prostitution gezwungenen Frauen kommen aus Partnerländern von Renovabis, z. B. aus Rumänien, Litauen, Bulgarien oder Albanien. Renovabis unterstützt die Partner dabei, über Aufklärungskampagnen und durch berufliche Chancen für junge Frauen präventiv im Vorfeld von Frauenhandel tätig zu werden. Für Frauen, die sich aus der Zwangsprostitution befreien können und in ihre Heimatländer zurückkehren, gibt es Programme der Betreuung und Begleitung, um ihnen den Weg zurück in ein eigenständiges Leben zu ermöglichen. Schließlich findet Frauenhandel auch innerhalb der mittel-, ost- und südosteuropäischen Länder statt; darum fördert Renovabis dort den Aufbau von Beratungsstellen, Vernetzungsstrukturen und Hilfsprojekten vor Ort.

Exemplarische Projekte

Beispielhaft für ein gelungenes Präventions-, Betreuungs- und Wiedereingliederungsprojekt ist das „Anti-Trafficking-Programm“ der Caritas Kaunas in Litauen. Hier wurde und wird intensive Aufklärungsarbeit in Schulen, gesellschaftlichen und kirchlichen Einrichtungen geleistet, die junge Frauen davor bewahren soll, leichtfertig den Versprechungen von Menschenhändlern oder Schlepperbanden zu folgen. Opfer von Frauenhandel und Zwangsprostitution werden in Zeugenschutzprogrammen betreut; sie erhalten Beratung, materielle Starthilfe und bei Bedarf eine sichere Wohnung sowie Rechtsbeistand vor Gericht. Zum Teil werden die Frauen auch über Jahre hinweg betreut, da sie schwer traumatisiert sind. Renovabis unterstützt das Programm der Caritas Kaunas bereits seit 2001.

Ein weiteres Beispiel ist die Arbeit von SOLWODI in Rumänien. Dort wurde im Jahr 2009 mit Unterstützung von Renovabis ein Beratungszentrum in Bukarest etabliert. SOLWODI setzt sich hier gegen Frauenhandel ein, aber auch gegen häusliche Gewalt, die Frauen widerfährt. Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit sollen Beiträge zur Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft geleistet werden, es werden Not-Unterkünfte vermittelt, ebenso wie medizinische und psychologische Hilfen. Zuletzt konnte SOLWODI Rumänien dabei unterstützt werden, im Jahr 2014 ein eigenes Frauenhaus zu erwerben, um die intensive Betreuung der Klientinnen auf eine stabile Grundlage zu stellen.

Ein ganz aktuelles Projekt ist schließlich die von 2014 bis 2017 terminierte „Reintegrationshilfe für Opfer des Menschenhandels“ in Albanien. Schwerpunkt des Projekts ist die Wiedereingliederung betroffener Personen, die durch Frauenhandel und Zwangsprostitution überwiegend im eigenen Land zu Opfern werden. In diesem Projekt kooperieren die NGO „Different and Equal“ und die Kongregation der „Schwestern vom Guten Hirten“ miteinander. Den Opfern des Menschenhandels soll die Wiedereingliederung (insbesondere das „Nicht-wieder-verkauft-werden“) durch Traumaberatung, psychosoziale Unterstützung und Gesundheitsförderung ermöglicht werden.

Das „Aktionsbündnis gegen Frauenhandel“

Renovabis versucht auch – seit inzwischen 15 Jahren – in Deutschland auf den Skandal des Frauenhandels aufmerksam zu machen. Aus einer Kooperationstagung mit dem Freisinger Kardinal-Döpfner-Haus unter dem Titel „Die Würde der Frau ist antastbar – Handel mit osteuropäischen Frauen“ entstand im Jahr 2000 das „Aktionsbündnis gegen Frauenhandel“ in Bayern, dem rund zwanzig überwiegend kirchliche Organisationen angehören. Hintergrund des seinerzeitigen Tagungsthemas war der sprunghafte Anstieg des Handels mit Frauen aus Osteuropa nach dem „Fall des Eisernen Vorhangs“ und dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme in den Jahren 1989 bis 1991. Auch gegenwärtig kommen die meisten Opfer von Frauenhandel und Zwangsprostitution in Deutschland aus mittel- und osteuropäischen Ländern, nach aktuellen Statistiken insbesondere aus Rumänien und Bulgarien. Für das „Aktionsbündnis gegen Frauenhandel“ stellt Renovabis seit vielen Jahren das „back office“.

Sach- und Fachverstand bringen vor allem Fachberatungsstellen wie SOLWODI und JADWIGA, aber Ordensgemeinschaften oder nicht kirchlich gebundene Organisationen wie TERRE DES FEMMES1 in das Aktionsbündnis ein. In halbjährlichen Vollversammlungen tauschen sich die Mitglieder des Netzwerks aus und beraten über Aktionen und Lobbyarbeit gegen den Frauenhandel. Einmal pro Jahr tritt das Aktionsbündnis am „Weltfrauentag“ (8. März) oder am „Europäischen Tag gegen den Menschenhandel“ (18. Oktober) mit einer öffentlichen Tagung hervor, die – in Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung – abwechselnd in allen größeren bayerischen Städten durchgeführt wird. Dabei fokussieren die Themen jeweils unterschiedliche Facetten der Problematik wie etwa „Zum Sex gezwungen – und dann …?! Wer hilft den Opfern von Frauenhandel?“, „Männersache Frauenhandel – Freier, Täter, Jedermänner“ oder „Sex sells … Menschenhandel und die Medien“.

Das Engagement des „Aktionsbündnisses gegen Frauenhandel“ in Bayern, das gerne auch die Bildung weiterer, ähnlicher Netzwerke in Deutschland unterstützt, findet sich dokumentiert unter www.gegen-frauenhandel.de.


Fußnote:


  1. Weiterführende Informationen zur Arbeit der genannten Organisationen finden sich unter http://www.solwodi.de, http://www.jadwiga-online.de/ und http://www.frauenrechte.de/online/index.php↩︎