Chinesen in Serbien – (un)erwünschte Gäste
Lärm, weggeworfene Pappkisten, aufgetürmte Verpackungsreste, Menschen mit riesigen Taschen in den Händen eilen umher, Verkehrschaos – so sieht es heute auf dem Markt in der Belgrader Siedlung „Blok 70“ aus. Vor einigen Jahren befand sich an dieser Stelle derselbe Markt, doch während davor nur wenige Autos parkten, saßen die Händler untätig vor ihren Läden in Erwartung der seltenen Kunden. Der Grund für solch einen dramatischen Wechsel liegt in der Tatsache, dass der erwähnte Handelsmarkt zum Haupthandelsplatz der nach Belgrad eingewanderten chinesischen Staatsbürger wurde.
Die Einwanderung von Chinesen in diesen Teil Europas ist ein Prozess, den man seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts, nach der Öffnung der ehemaligen Länder des Ostblocks gegenüber dem Rest der Welt, verfolgen kann. Diese Tendenz kam vor allem in Ungarn zum Vorschein, dessen Regierung im letzten Jahrzehnt die chinesische Immigration stark unterstützt hat, indem sie Chinesen den Erwerb der Staatsbürgerschaft ermöglichte. In Serbien verlief dieser Prozess aufgrund der Periode von Krisen und Kriegen, hervorgerufen durch den Zerfall des ehemaligen Jugoslawien, etwas anders. Doch trotz der ungünstigen Bedingungen im Lande, das durch die ökonomische Blockade kräftig durchgerüttelt wurde, finden sich bereits 1997 erste Anzeichen chinesischer Zuwanderung. Am Anfang fiel der Zufluss chinesischer Staatsbürger noch relativ gering aus und ihre Aktivitäten beschränkten sich auf die Eröffnung einzelner Läden mit gemischten Waren, in denen von Hochqualitätsprodukten bis zu ausgesprochen günstigen Massenwaren alles zu finden war. Relativ günstige Kredite, mit denen der chinesische Staat seine Bürger zu einer Geschäftsgründung in Serbien stimulierte, trugen zur allmählichen Erhöhung der Zahl der Chinesen in Serbien bei.
Da es keine offiziellen Angaben gibt, ist die genaue Zahl der Chinesen in Serbien unbekannt. Schätzungen gehen von zehn- bis sogar fünfzigtausend Menschen aus, während die Quellen, die dieser Gemeinschaft nahe stehen, behaupten, dass deren Zahl nicht einmal die von dreitausend angemeldeten chinesischen Staatsbürgern auf dem Territorium des gesamten Serbien übersteigt. Die größte Gruppe lebt in Belgrad und ist vor allem in der bereits erwähnten Siedlung „Blok 70“ untergebracht. Hier befindet sich das Zentrum ihres Handels, verteilt auf zwei Märkte. In anderen Stadtteilen gibt es nur vereinzelte Geschäfte, deren Besitzer Chinesen sind.
Die primäre Tätigkeit, der die Chinesen in Serbien nachgehen, ist der Handel. Der größte Teil der chinesischen Staatsbürger besitzt selber ein Geschäft oder ist in einem der Geschäfte beschäftigt, in welchen Artikel verschiedenster Art – deren Hauptmerkmal ein niedriger Preis ist – verkauft werden. Am Anfang funktionierten die meisten chinesischen Geschäfte nach dem Prinzip des Kleinhandels. Durch die Vergrößerung der chinesischen Gemeinde und der wachsenden Nachfrage nach chinesischen Handelsgütern ist der Großhandel zu einem wichtigen Segment in deren Tätigkeit geworden. Die ausgesprochen geringe Kaufkraft der Bevölkerung in Serbien – als Folge des ökonomischen Kollapses in den Neunzigern – machte die chinesischen Produkte, vor allem Textilien, über Nacht zur sehr gesuchten Ware. Und obwohl die Bürger sich der schlechten Qualität dieser Waren bewusst waren, wurden sie durch den ökonomischen Zwang zu regelmäßigen Kunden auf dem Markt, der nun populär „Beim Chinesen“ genannt wurde. Die Tatsache, dass der Großhandelspreis dieser Waren deutlich geringer war als der der in Serbien produzierten Ware, führte schließlich dazu, dass nun am chinesischen Markt nicht nur die Ladenbesitzer aus Belgrad einkauften, sondern auch ein großer Teil der anderen Händler aus ganz Serbien. Steigende Nachfrage und steigender Umsatz führten auch zu einem mannigfaltigen Angebot an verschiedensten Waren, sodass man heutzutage am chinesischen Markt praktisch alles Erdenkliche für den Haushalt kaufen kann. Interessant ist, dass neben Repliken von berühmten ausländischen Firmen im letzten Jahr auch Plagiate bestimmter serbischer – auf dem heimischen Markt beliebter – Warenmarken zu finden sind. Besagte Plagiate werden auch in China produziert, sind aber nach dem Transport immer noch billiger als die entsprechenden Originale.
Herkunft und Strukturen der chinesischen Gemeinschaft
Die meisten Mitglieder der chinesischen Gemeinde in Serbien stammen aus zurückgebliebenen und armen südlichen Gebieten Chinas. Diese Bevölkerung zeichnet eine große Vitalität und Anpassungsfähigkeit aus, die sich in der Fertigkeit zur Erschaffung eines erträglichen Ambientes zeigt, in welchen Gebieten auch immer sie sich befinden mag. Im Zusammenhang mit dieser Tatsache ist eine wesentliche Charakteristik der chinesischen Gemeinschaft in Serbien ihre ausgesprochene Abschottung gegenüber dem lokalen Umfeld. Es ist sehr schwer, irgendeine Kommunikation mit ihnen aufzunehmen, einerseits aufgrund der sprachlichen Barriere und andererseits wegen des ausdrücklichen Misstrauens, das die Chinesen gegenüber ihrem Umfeld zum Ausdruck bringen. Gesprächsversuche mit ihnen – auch mit Hilfe eines Dolmetschers – werden hauptsächlich aufs Wiederholen von allgemeinen Aussagen über das Leben in Serbien reduziert, während jegliche weitere Unterhaltung mit der Ausrede, dass man die örtliche Lage nicht kenne und man einen anderen Gesprächspartner suchen solle, abgelehnt wird. Viele Probleme, mit denen diese Gemeinschaft zu kämpfen hat, werden intern geregelt. Nur selten vermitteln die örtlichen Behörden oder sogar die chinesische Botschaft. Chinesische Diplomaten treten nur dann als Autoritäten auf, wenn es um ernste Angelegenheiten geht, während die gewöhnliche Kommunikation zwischen Ausländern und deren diplomatische Vertretung auf ein Minimum reduziert wird. Kenner der Lage in dieser Gemeinschaft sagen, dass in Serbien eine örtliche Mafia-Gruppe tätig ist – unter Chinesen als „schwarze Gemeinschaft“ bekannt. Der Tätigkeitsbereich dieser kriminellen Organisation ist nur auf einen lokalen Rahmen beschränkt, sodass Interventionen seitens der serbischen Polizei selten sind.
In der chinesischen Gemeinschaft in Serbien gibt es eine klare Hierarchie. Diese aber basiert nicht auf dem sozialen Status, welchen man in China hatte, da die meisten Chinesen in Serbien aus ähnlichen sozialen Gruppen und zu einem hohen Prozentsatz auch aus demselben Territorium kommen. Entscheidend bei der Machtverteilung sind die Aufenthaltslänge im Lande und die daraus folgende ökonomische Macht. Trotz der ausgesprochenen Verschlossenheit gegenüber ihrem Umfeld beachten die chinesischen Bürger in Serbien im Großen und Ganzen die hiesigen Gesetze. Gesetzeskonflikte sind sehr selten, eventuelle Probleme mit den staatlichen Vorschriften werden ohne weiteres geklärt. Den Wunsch, ihre Hochachtung gegenüber dem Staat zum Ausdruck zu bringen, kann man am besten am Beispiel der Überflutungen des letzen Jahres in Südserbien erkennen. Damals traf die Vereinigung der chinesischen Händler auf Eigeninitiative in zwei Fällen die Entscheidung, in die betroffenen Gebiete beträchtliche humanitäre Hilfe zu schicken. Aber auch der Staat schaut wohlwollend auf die Chinesen in Serbien, vor allem aus ökonomischen Gründen. Auf der einen Seite bringt der Handel über die Steuereinnahmen Gelder in die Staatskasse, während auf der anderen Seite die sehr billigen chinesischen Waren auch Bürgern mit einer geringen Kaufkraft eine gewisse Versorgung gewähren – so kauft der Staat in gewisser Weise den sozialen Frieden.
Wie bereits anhand des Angeführten zu sehen ist, ist die Integration der chinesischen Gemeinschaft ins lokale Umfeld ausgesprochen gering. Diese Lage hat man bis zur „Wende vom Oktober“ (2000) in Serbien, also bis zum Sturz von Milošević, mit der Tatsache erklärt, dass Serbien für die meisten Chinesen, die sich hier vor den Türen der Europäischen Union – die das eigentliche Ziel war – ansiedelten, nur als ein Transitland diente. Obwohl dies für einige auch heute noch der Fall ist, entschloss sich ein größerer Teil der chinesischen Staatsbürger, nach dem Ende des Regimes von Slobodan Milošević dauerhaft in Serbien anzusiedeln. Die erste Zuwanderergeneration zeigt eine starke Tendenz, die Autarkie der chinesischen Gemeinschaft zu bewahren, während der Wunsch nach gesellschaftlicher Integration auf die eigenen Kinder projiziert wird. Diese Tendenz ist in den letzten zwei Jahren besonders offensichtlich geworden, da sich viele chinesische Eltern dazu entscheiden, ihre Kinder heimischen Kindermädchen oder Tagesmüttern anzuvertrauen. Viele Kinder verbringen sogar die ganze Woche im Haushalt ihrer Tagesmütter und sehen ihre Eltern nur ein- oder zweimal in der Woche. So wird ein zweifaches Ziel erreicht: Die Kinder beherrschen perfekt die serbische Sprache, und die lokale Gemeinschaft gewöhnt sich an ihre Anwesenheit und betrachtet sie nicht mehr als Fremde. Allerdings verzeichnen die örtlichen Erziehungs- und Bildungsinstitutionen keinen derartigen Integrationstrend. Eine Erhebung in Kindergärten und Schulen in „Blok 70“ – wo die meisten Belgrader Chinesen leben – zeigt, dass nicht ein einziges chinesisches Kind in das örtliche Erziehungs- und Bildungssystem integriert ist. Wenn man aber bedenkt, dass nicht einmal zehn Jahre vergangen sind, seitdem sich die erste Generation chinesischer Zuwanderer in Serbien niedergelassen hat, ist es logisch zu erwarten, dass die zweite Generation, die der serbischen Sprache mächtig sein wird, allmählich damit beginnen wird, die Angebote von Kindergärten und Schulen in Anspruch zu nehmen. Unter diesem Gesichtspunkt muss man auch die sehr geringe Zahl an Mischehen deuten.
Ein sehr schwacher kultureller Kontakt zwischen der chinesischen Gemeinschaft und der heimischen Bevölkerung – verursacht sowohl durch die Passivität der Chinesen und das mangelnde Interesse seitens der Serben als auch durch die große Verschiedenheit beider Kulturen – verhindert ernstere zwischenethnische Spannungen. Wenn überhaupt ein Vorfall passiert, hat es hauptsächlich einen ökonomischen Hintergrund. Am Beispiel von Novi Pazar, einer Stadt in Südserbien, die in den Neunzigern als Handelszentrum für Textilien in ganz Serbien bekannt war, kann man dies am besten illustrieren. Als Folge des chinesischen Eindringens in den Markt von Novi Pazar und Serbien im Allgemeinen mussten die serbischen Händler große Verluste verbuchen. Dies resultierte in der Niederbrennung des chinesischen Marktes als eine klare Botschaft dafür, was die Bewohner von Novi Pazar über die Anwesenheit von Chinesen in ihrer Stadt denken. Ähnliche, jedoch vereinzelte Fälle spielten sich auch auf anderen Märkten im Inneren des Landes ab, wie etwa, wenn örtliche Händler den wenigen Chinesen, die es versucht hatten, ihre Ware zu verkaufen, mit Prügeln drohten und diese Drohung auch wahr machten.
Das Bild vom „Anderen“
Die Erforschung der Formierung des Bildes vom „Anderen“ ist sehr relevant für das Verständnis der gesellschaftlichen Situation in Serbien in den letzten fünfzehn Jahren. Die Ära der Bürgerkriege und der allgemeinen Isolation des Landes führte zur Entstehung einer starken Bild-Dichotomie zwischen „uns“ und den „Anderen“. Die Entstehung derartiger Bilder kann man in zwei verschiedenen Kontexten unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. Zum einen manifestiert sich die Beziehung zu den ehemaligen „Brüdern“ aus den früheren jugoslawischen Republiken durch starken Antagonismus, zum anderen ist die Wir-Sie-Dichotomie auch in der Beziehung zu den westlichen Ländern bemerkbar, jedoch als ambivalente Erscheinung. Auf der einen Seite empfindet die heimische Bevölkerung die Haltung ihr gegenüber als Ungerechtigkeit und lehnt die westliche Politik stark ab, auf der anderen Seite aber wächst in ihr die Bestrebung, diesem kulturellen Korpus – mit dem sie sich in Konflikt sieht – anzugehören. In den beiden angeführten Fällen bildet sich die Vorstellung von „uns“ als einem einsamen Kämpfer für Gerechtigkeit und Wahrheit. Dennoch entwickelt man eine Dichotomie gegenüber dem „Anderen“, das bekannt ist und mit dem man gewisse kulturelle Präferenzen teilt.
Was die Entstehung der Vorstellung von Chinesen als den „Anderen“ betrifft, ist die Lage ganz anders. Es handelt sich hier um eine Kultur, gegenüber der es in Serbien eine klare Distanz gibt. Es ist sogar schwer, aufgrund der kulturellen Fremde von a priori formierten, ethischen Stereotypen zu reden. Wir haben hier also einen Zusammenprall von zwei sehr klar differenzierten Kulturen: der chinesischen, als solche in sich sehr geschlossen, und der heimischen, in welcher ein tiefes Misstrauen gegenüber den „Anderen“ stark verbreitet ist. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass die Zuwanderung der Chinesen nach Serbien meistens negative Reaktionen in der heimischen Bevölkerung hervorgerufen hat. Die negative Vorstellung vom „Anderen“ hat sich nicht aufgrund irgendwelcher ethnischen oder anderer Stereotypen formiert, sondern ist lediglich aus dem lokalen politischen Kontext hervorgegangen. Im Klartext: Die Zuwanderung von Chinesen nach Serbien wurde als Aktivität von JUL angesehen, einer Partei, deren Chefin die Frau des damaligen Präsidenten Slobodan Milošević war. Unter der heimischen Bevölkerung herrschte die Meinung, dass sich die damalige Regierung durch die „massenweise“ Einbürgerung von Chinesen deren Wählerstimmern sichern wollte, um so weiter an der Macht zu bleiben. In diesem Sinne ist es interessant zu erwähnen, dass ein proeuropäisch orientierter Oppositionspolitiker bei einer Wahlversammlung im Jahre 2000 von über 50.000 Chinesen, die für Milošević ihre Stimmen geben würden, sprach – während die anwesenden Zuhörer ihren Unwillen zum Ausdruck brachten. Interessant ist es auch, dass das politische Engagement Chinas – das keineswegs antiserbisch war – während der jugoslawischen Krise überhaupt nicht zur Verbesserung des Bildes vom „serbischen Chinesen“ geführt hat.
Nach der „Oktoberwende“ in Serbien wurde die Geschichte von den Chinesen, die für Milošević stimmten, schnell vergessen, doch die allgemeine Vorstellung über sie änderte sich nicht. Eine Erhebung, die im September und Oktober 2005 unter den Schülern von Gymnasien in acht Städten in Serbien durchgeführt wurde, zeigte, dass 31 Prozent der Befragten augenblicklich den chinesischen Mitbürgern die Gastfreundschaft kündigen würden, während nur 45 Prozent der Gymnasiasten sich ihrer annehmen würden.
Eine Erhebung unter den Bewohnern und Beschäftigten im „Blok 70“ zeigte, dass eine Mehrheit der Befragten gegenüber den Chinesen in ihrer Umgebung eine sehr ambivalente Beziehung pflegt. Auf der einen Seite werden der chinesischen Gemeinschaft als gemeinsame Eigenschaften großer Fleiß und Opferbereitschaft zuerkannt. Man gesteht, dass es sehr schwer wäre, ohne ihre günstigen Produkte zu überleben und dass viele Bürger ihre Existenz dadurch sichern, indem sie in chinesischen Geschäften arbeiten oder Chinesen ihre Waren verkaufen. Auf der anderen Seite wird Chinesen meistens schlechte Hygiene – sowohl im Markt als auch außerhalb – unterstellt. Auch bei anderen Befragten, die nicht so oft in Kontakt mit Chinesen stehen, überwiegt einerseits die Vorstellung von den fleißigen Chinesen als deren positives Hauptmerkmal, andererseits wird das Bild des unfreundlichen und primitiven Chinesen als sehr dominante Charakteristik gesehen, die auf die Befragten störend wirkt. Es ist paradox, dass ein Großteil der Befragten nicht sehr begeistert von der Idee ist, in der unmittelbaren Nähe von Chinesen zu wohnen, und nicht bereit ist, prinzipiell eine Eheschließung seitens eines Familienmitglieds mit einem chinesischen Staatsbürger zu billigen, während man doch den Chinesen den heftigen Vorwurf des Fehlens von Willen zur Integration in das lokale Umfeld macht.
Diese Angaben bezeugen, dass die Toleranz für die kulturelle Verschiedenheit in Serbien weiterhin sehr niedrig, Xenophobie dagegen stark verbreitet ist. Es ist auch wichtig zu sagen, dass die meisten Befragten als positive Eigenschaften von Chinesen genau diejenigen anführen, die sie bei der Autoidentifikation der „Wir-Gruppe“ als nicht vorhandene oder nicht genug hervorgehobene Eigenschaften (Fleiß, Eintracht) bezeichnen.
Ein illustratives Beispiel von den verschiedenen Vorstellungen über die Chinesen gewinnt man auch aus der Textanalyse verschiedener Zeitungsartikel. Die meisten Artikel vom Ende der neunziger Jahre nahmen über die ersten chinesischen Zuwanderer entweder einen neutralen oder negativen Standpunkt ein. In der oppositionellen Presse überwog die Betonung ihrer Exotik und ihres „Andersseins“ – mit sporadischen politischen Konnotationen. Mit der Zeit veränderte sich dieses Bild langsam, und die Chinesen wurden öfter im Zusammenhang mit der ökonomischen Problematik erwähnt. Dennoch ist der „exotische“ Zugang immer noch der häufigste, und dementsprechend ist auch die „Serbisierung“ der chinesischen Zuwanderer das beliebteste Thema. Aus diesem Grund häufen sich in den letzten zwei bis drei Jahren Zeitungsartikel über die Tatsache, dass Chinesen ihren Kindern serbische Namen geben (man erwähnt dabei nirgendwo, dass dies eine gewöhnliche chinesische Praxis überall auf der Welt ist, dem Kind neben dem chinesischen Namen auch einen Namen entsprechend der lokalen Sitten zu geben), dass Chinesen sich an lokalen humanitären Aktionen beteiligen oder ihre Kinder serbischen Tagesmüttern anvertrauen.
Generell kann man festhalten, dass die Vorstellung vom Chinesen in Serbien sich bessert – besondern in jenen Fällen, wenn die Angehörigen der chinesischen Gemeinschaft die Teile „serbischer“ Identität annehmen und so „unsere“ Qualitäten affirmieren. Andererseits ist das allgemeine Bild ziemlich negativ geblieben – man betont die Verschiedenheit und somit auch das Nicht-Geeignet-Sein einer anderen Kultur.
Die Tatsache, dass sich die ökonomischen Beziehungen beider Staaten auf niedrigem Niveau befinden – vor allem wegen der hohen serbischen Staatsverschuldung gegenüber China –, wird sicherlich auf das weitere Wachstum der chinesischen Gemeinschaft in Serbien Einfluss haben. Experten vermuten, dass größere Investitionen aus China etwas länger auf sich warten lassen werden – was sich ja dann sicherlich auf das Profil und die Größe der chinesischen Population in Serbien auswirken wird. Deswegen ist es schwer vorstellbar, dass es in absehbarer Zeit in Belgrad mehr als ein Anfangsstadium eines chinesischen Viertels geben wird. Eine eventuelle Zu- oder Abnahme der Zahl der chinesischen Bürger in Serbien wird ausschließlich von mikro-ökonomischen Faktoren bzw. Interessen des relativ kleinen Handels abhängen. Eine erschwerte Integration in einer eher negativ eingestellten Gegend und eine affirmative Einstellung, die nur dann besteht, wenn es um die Übernahme „unserer“ Kulturmodelle geht, wird sicherlich nicht viel dazu beitragen, um bei den Chinesen den Wunsch zu wecken, sich hier dauerhaft anzusiedeln. Doch solange die Kaufkraft der Bevölkerung eine große Nachfrage bedingt, wird der Profit für die chinesischen Händler ein ausreichender Grund für das Bestehen und die Entwicklung ihrer Gemeinschaft in Serbien darstellen.
Deutsch von Berislav Župarić.