Die Freizügigkeit in der EU: Chancen und Probleme nach den Osterweiterungen

aus OWEP 2/2023  •  von Barbara Dietz

Dr. Barbara Dietz, geboren 1949 in München, ist Associated Researcher am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg und Research Fellow am Institute for the Study of Labor (IZA) in Bonn. Sie war an mehreren internationalen Forschungsprojekten zu Ost-West Migration beteiligt und ist Autorin von Aufsätzen zur Migrationspolitik, zur Ost-West Migration und zur wirtschaftlichen und sozialen Integration von Einwanderern.

Zusammenfassung

Nach den Osterweiterungen der EU stieg durch die Freizügigkeit und das Wohlstandsgefälle die Ost-West-Arbeitsmigration deutlich an. Anders als erwartet hatten diese neuen Wanderbewegungen aber trotz einiger Friktionen auf den Arbeitsmärkten und im sozialen Zusammenleben insgesamt gesehen keine negativen wirtschaftlichen Folgen. Im Gegenteil, die Freizügigkeit nach den Osterweiterungen wird überwiegend als Erfolgsmodell gewertet.

Osterweiterungen und Freizügigkeit

Die drei Runden der Osterweiterung in der EU waren ein entscheidender Schritt, um die Teilung Europas nach dem Ende des Kalten Krieges dauerhaft zu überwinden.1 Damit waren jedoch enorme politische und wirtschaftliche Herausforderung verbunden. Vorrangig ging es im wirtschaftlichen Kontext darum, die Integration der neuen Mitgliedstaaten in den EU-Binnenmarkt umzusetzen, wobei den vier Grundfreiheiten der EU eine zentrale Rolle zukam. Um den Handel zu erleichtern, den Wettbewerb zu stärken und den Arbeitsmarkt zu erweitern, ist innerhalb des EU-Binnenmarktes der freie Verkehr von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen gewährleistet. Zudem werden Niederlassungsfreiheit und Gleichbehandlung garantiert, das bedeutet, EU-Bürger können in jedem EU-Land leben und arbeiten. Außerdem müssen sie dort wie Inländer behandelt werden.

Während die mit den Osterweiterungen einhergehende Liberalisierung von Handels- und Kapitalströmen von den EU-Staaten überwiegend als Chance gesehen wurde, stand die Arbeitnehmerfreizügigkeit bereits vor der ersten Erweiterungsrunde am 1. Mai 2004 in der Kritik. In Politik und Medien wurden Befürchtungen laut, wonach Arbeitsmigrationen aus den neuen osteuropäischen EU-Staaten die Arbeitsmärkte der EU-Zuwanderungsländer über Lohndruck und wachsende Arbeitslosigkeit destabilisieren, die dortigen Sozialsysteme überfordern und soziale Konflikte nach sich ziehen könnten. Obwohl unstrittig war, dass die großen Lohn- und Wohlstandsunterschiede zwischen den alten und den neuen EU-Mitgliedern starke Migrationsmotive darstellen würden, schätzten wissenschaftliche Studien sowohl das Wanderungspotential als auch die möglichen Folgen der Ost-West Arbeitsmigration völlig unterschiedlich ein. Das Spektrum reichte von kaum zu bewältigenden Folgen der Arbeitsmigration mit gravierenden negativen Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung der EU-15-Staaten bis zur Argumentation, dass von der neuen Ost-West-Migration in erster Linie Wachstumsimpulse ausgehen würden.2 Heute, nahezu zwanzig Jahre nach der ersten Osterweiterung, ist es Zeit, Bilanz zu ziehen: Wie hat sich die Arbeitsmigration von Ost nach West tatsächlich entwickelt und von welchen Problemen und Chancen wurde sie begleitet?

Übergangsregeln für Arbeitnehmer

Mit der ersten Osterweiterung der Europäischen Union trat für die neuen Beitrittsstaaten im Mai 2004 die Freizügigkeit von Personen in Kraft. Allerdings hatten sich die EU-15-Staaten bereits im Vorfeld auf eine gestaffelte, bis zu siebenjährige Übergangsfrist für die Arbeitnehmerfreizügigkeit verständigt. Sie erlaubte es den bisherigen Mitgliedstaaten, ihre nationalen Einwanderungsregelungen maximal sieben Jahre beizubehalten. Bis auf das Vereinigte Königreich, Irland und Schweden, die ihre Arbeitsmärkte für Migranten aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten bereits zum Beitrittszeitpunkt öffneten, hielten alle anderen EU-15-Staaten an nationalen Gesetzen zur Arbeitsmigration fest. Erst im Mai 2011 wurde die uneingeschränkte Arbeitskräftefreizügigkeit innerhalb der erweiterten Union Realität.

Die wichtigsten Gründe für die Beschränkung der Arbeitskräftemigration waren innenpolitischer Natur. Insbesondere Deutschland und Österreich befürchteten eine erhöhte Konkurrenz um Arbeitsplätze und Sozialleistungen sowie einen daraus erwachsenden politischen Widerstand. Diese Einschätzung der nationalen Politik wiederholte sich, als Bulgarien und Rumänien im Jahr 2007 neue EU-Mitglieder wurden. Diesmal bestand auch Großbritannien auf einer Übergangsfrist für die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Dagegen ließen Spanien, Schweden und Finnland die freie Arbeitskräftewanderung von Anfang an zu. Zwei Jahre später öffneten Italien und Griechenland ihre Arbeitsmärkte für Rumänen und Bulgaren, während alle anderen EU-15-Staaten erst im Jahr 2014 die volle Freizügigkeit gewährten.

Die Wanderungsdynamik nach den Osterweiterungen

Nach den Osterweiterungen stieg die – häufig kurzfristige – Arbeitsmigration zwischen den neuen EU-Mitgliedsländern und den EU-15-Staaten deutlich an. Allerdings waren Polen, die baltischen Staaten und ab 2007 Bulgarien sowie Rumänien weitaus stärker an der EU-internen Migration beteiligt als Ungarn, die Tschechische Republik, Slowenien und die Slowakei. In erster Linie lag dies am Wohlstandsgefälle zwischen neuen und alten EU-Mitgliedern, das im Falle Polens, der baltischen Staaten, Bulgariens und Rumäniens besonders deutlich ausfiel. Daneben verstärkten Arbeitslosigkeit und mangelnde soziale Sicherung in den mittelosteuropäischen Erweiterungsstaaten die Neigung, das Heimatland zu verlassen. Eingeschränkt wurde dies zunächst noch von rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen, in erster Linie von den Regelungen der Freizügigkeit.

Gerade die von manchen EU-15-Ländern sofort gewährte Freizügigkeit nach der ersten Osterweiterung war es, die in den Folgejahren die Arbeitswanderung aus den neuen Mitgliedsstaaten wesentlich prägte. Während Deutschland das wichtigste Zuwanderungsland für mittelosteuropäische Migranten vor dem Jahr 2004 war, verschoben sich die Präferenzen aufgrund der ungleichen Einführung der Arbeitskräftefreizügigkeit. Nun stand Großbritannien als Zuwanderungsland an erster Stelle, mit einigem Abstand gefolgt von Deutschland. Diese Verschiebung wird am Beispiel polnischer Migranten besonders deutlich. Im Jahr 2004 lebten nach den Angaben der EU-Statistik 60 Prozent aller polnischen Migranten, die in ein EU-15-Land gezogen waren, in Deutschland. Nur 14 Prozent dieser Gruppe hatte ihren Wohnsitz in Großbritannien. Dagegen waren 2019, im letzten Jahr der EU-Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs, 35 Prozent aller polnischen EU-Migranten dort ansässig, während in Deutschland nur noch 30 Prozent lebten.

Die hohe Zuwanderung mittelosteuropäischer Arbeitskräfte aus den neuen EU-Staaten spielte Jahre später eine zentrale Rolle für viele britische Befürworter des Brexits, die sich vom Austritt aus der EU eine Kontrolle über die „unbeschränkte“ Einwanderung insbesondere aus den mittelosteuropäischen EU-Staaten versprachen. Dabei war die Furcht vieler Briten vor einer zunehmenden sozialen und kulturellen Pluralisierung der Gesellschaft offensichtlich größer als die Kraft wirtschaftlicher Argumente. Zumindest im Falle der mittelosteuropäischen Arbeitsmigranten konnte für Großbritannien belegt werden, dass die wirtschaftlichen Vorteile größer waren als die Nachteile.

Nach der zweiten Erweiterungsrunde im Jahr 2007 wurden Spanien und Italien bevorzugte Einwanderungsländer für rumänische und bulgarische Arbeitsmigranten. Allerdings verlor Spanien durch die Immobilienkrise 2008 deutlich an Anziehungskraft. Weitere wichtige Adressatenländer stellten Deutschland und bis zum Brexit das Vereinigte Königreich dar, die in und nach den Jahren der Euro-Krise besonders attraktiv wurden. Daneben zog Griechenland verstärkt bulgarische Migranten an, die sich dort aufgrund der geografischen Nähe um Arbeit bemühten.

Folgen der neuen Arbeitsmigration für die Herkunftsländer

Die teilweise erheblichen Migrationen nach den Osterweiterungen wirkten sich in den Herkunftsländern insbesondere auf das Arbeitskräfteangebot und auf Rücküberweisungen durch Arbeitsmigranten aus. In einigen Sektoren, beispielsweise im Gesundheitswesen, hatten sie auch den Verlust gut qualifizierter Arbeitskräfte ("Brain-Drain") zur Folge. Die Bedeutung dieser Effekte sind jedoch nur im Kontext der wirtschaftlichen Ausgangssituation zum Zeitpunkt des EU-Beitritts zu beurteilen. Damals hatten die neuen mittel- und osteuropäischen EU-Staaten noch mit teilweise hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Diese Ausgangssituation dämpfte die negativen Folgen der Arbeitsmigration, also die Verringerung des Arbeitsangebots, und sie trug tendenziell dazu bei, grundlegende Veränderungen der Wirtschaft in den Sendeländern voranzutreiben. Vieles spricht beispielsweise dafür, dass der Rückgang der Arbeitslosigkeit in Polen nach der EU-Osterweiterung auch durch die Arbeitsemigration bedingt war.

Vor allem in den Anfangsjahren nach den Osterweiterungen schickten die Arbeitsmigranten aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten vergleichsweise hohe Rücküberweisungen nach Hause. Im Jahr 2014, als sämtliche Begrenzungen der Freizügigkeit fielen, betrugen diese Finanztransfers nach den Angaben der Weltbank drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Bulgarien, 2,5 Prozent des BIP in Rumänien und 1,4 Prozent des BIP in Polen. Damit waren Bulgarien und Rumänien mit Mexiko vergleichbar, einem Land, dessen wirtschaftliche Entwicklung stark von der Arbeitsemigration abhängt. Allerdings gingen diese am BIP gemessenen Finanztransfers nach Bulgarien und Polen bis zum Jahr 2021 deutlich zurück, während sie für Rumänien zunahmen. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Arbeitsmigration aus Rumänien nichts von ihrer Dynamik verloren hat.

Das Niveau der Rücküberweisungen allein ist jedoch noch kein Gradmesser für deren wirtschaftliche Bedeutung. Wichtig ist auch, wie die Finanztransfers ausgegeben werden. Wachstumsimpulse gehen typischerweise von investierten Rücküberweisungen aus, sei es in (Familien)Firmen, in Gesundheitsvorsorge oder Ausbildung. Wird das Geld in den Herkunftsländern allein für Konsumgüter ausgegeben, besteht dagegen die Gefahr, dass Haushalte in eine starke Abhängigkeit von der Arbeitsmigration geraten. Im Falle der EU-Beitrittsstaaten nach den Osterweiterungen ist festzustellen, dass die Rücküberweisungen überwiegend für private Konsumausgaben verwendet und nur zu einem vergleichsweise geringen Teil neu investiert wurden.

Mit Blick auf den befürchteten "Brain-Drain" zeigte sich, dass tatsächlich auch gut qualifizierte Arbeitskräfte die baltischen Staaten, Polen, Rumänien und Bulgarien nach den Osterweiterungen verließen, obwohl sie in den Einwanderungsländern anschließend oft nur geringqualifizierte Tätigkeiten ausüben konnten. Dies hatte jedoch – bis auf wenige Bereiche, beispielsweise im Gesundheitssektor – kaum negative Effekte für die Herkunftsländer. Unter anderem ist das auch darauf zurückzuführen, dass gut qualifizierte Personen auf dem heimischen Arbeitsmarkt zum damaligen Zeitpunkt keine angemessene Arbeit fanden und dass ein Teil dieser Emigranten später ins Herkunftsland zurückkehrte.

Die EU-15-Staaten und die neue Arbeitsmigration

In den EU-15-Staaten war die Freizügigkeit nach den Osterweiterungen sehr umstritten. Obwohl die möglichen positiven Folgen der Arbeitsmigration aus den neuen mittelosteuropäischen EU-Staaten in den möglichen Zuwanderungsländern durchaus diskutiert wurden, überwogen die Sorgen vor steigender Konkurrenz auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, einer Überlastung der Sozialsysteme und zunehmenden sozialen Spannungen in Stadtvierteln und Nachbarschaften.

Nahezu zwanzig Jahre nach der ersten Osterweiterung gibt es allerdings keine Hinweise darauf, dass die neue Arbeitsmigration im größeren Umfang negative wirtschaftliche Effekte ausgelöst haben könnte. Vielmehr trugen die Arbeitsmigranten insgesamt gesehen dazu bei, den Fach- und Hilfskräftemangel in den aufnehmenden EU-15-Staaten zu mildern, der für die meisten dieser Länder ein zunehmendes Problem darstellt. Für Großbritannien zum Beispiel, das die weitaus stärkste Zuwanderung von Arbeitskräften aus den neuen mittelosteuropäischen EU-Staaten unmittelbar nach 2004 zu verzeichnen hatte, gibt es keine Belege dafür, dass die Arbeitslosigkeit unter britischen Arbeitskräften als Folge der neuen Migration gewachsen wäre. Es kam allenfalls zu einer steigenden kurzfristigen Konkurrenz auf regionalen Arbeitsmärkten und hier insbesondere bei weniger gut qualifizierten Arbeitskräften. Ähnliches lässt sich für die Lohnentwicklung sagen, die von der neuen Einwanderung insgesamt gesehen kaum beeinflusst wurde. Allerdings verbirgt sich hinter diesem Befund ein Verteilungsproblem: Wenn es zu Lohneinbußen kam, waren es die geringqualifizierten Arbeitskräfte, die verloren, während die Besserqualifizierten eher mit Einkommensgewinnen rechnen konnten. Zu erklären ist das durch die Qualifikationsstruktur der Arbeitsmigranten, die häufig geringqualifizierte Tätigkeiten ausübten und damit zu Konkurrenten heimischer Kräfte wurden.

Mit Blick auf Deutschland sind die Befunde ähnlich. Auch hier werden die wirtschaftlichen Auswirkungen der Arbeitsmigration aus den mittelosteuropäischen EU-Ländern überwiegend positiv eingeschätzt. Die neu zugewanderten Arbeitskräfte trugen nicht nur dazu bei, den Fachkräftemangel zu mildern, sie konnten auch Lücken bei gering qualifizierten Tätigkeiten schließen. Negative Lohneffekte blieben insgesamt gesehen aus, trotz eines – meist nur kurzfristigen – Lohndrucks bei geringqualifizierten Tätigkeiten. Einig sind sich Wirtschaftsexperten, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland ohne die Arbeitsmigration aus den mittelosteuropäischen EU-Ländern geringer ausgefallen wäre.

Von der oft beschworenen, übermäßigen Beanspruchung der Sozialsysteme kann im Falle der Arbeitsmigranten aus den neuen EU-Ländern weder für Deutschland noch für Großbritannien die Rede sein. Es gibt eher Hinweise darauf, dass diese Gruppe insgesamt mehr zum Sozialsystem - insbesondere im Gesundheitssektor - beitrug, als sie Leistungen bezog. Für Deutschland zeigt sich allerdings, dass es auch Gegenbeispiele gibt. So sind etwa in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich viele Migranten aus den Staaten der zweiten Erweiterungsrunde auf staatliche Hilfe angewiesen, oft als sogenannte Aufstocker.3 Das betrifft vor allem Personen mit geringen deutschen Sprachkenntnissen und ohne berufliche Qualifikation. Negative Schlagzeilen einiger Medien rückten gerade diese Gruppe ins Licht der Öffentlichkeit, was zu einem verzerrten Bild der „Einwanderung in den Sozialstaat“ beigetragen hat. Allerdings brachte die Arbeitsmigration aus den neuen EU-Staaten in den Aufnahmeländern eine erhöhte Nachfrage nach Wohnraum sowie eine sprachliche und kulturelle Pluralisierung von Nachbarschaften mit sich. Obwohl die soziale Integration der mittelosteuropäischen Migranten in den EU-15-Staaten relativ gut gelang, was auch mit deren oft kurzfristigen Aufenthalt zu tun hatte, kam es dennoch zu Konflikten. In Deutschland manifestierten sie sich etwa in strukturschwachen Regionen des Ruhrgebiets. Der Zuzug von Migranten aus Rumänien und Bulgarien, die teilweise zur Gruppe der Roma gehörten, verschärften in diesen ohnehin wenig privilegierten Nachbarschaften die Probleme der Wohnraum- und Arbeitsmarktintegration.

Fazit

Im Rückblick ist festzuhalten, dass es in Folge der Freizügigkeit nach den EU-Osterweiterungen zu keinen gravierenden negativen Folgen für Herkunfts- wie Aufnahmeländern kam. Dabei spielte sowohl die wirtschaftliche Ausgangslage als auch die Dynamik und Struktur dieser Arbeitsmigration eine wichtige Rolle.

Die insgesamt positive Bilanz beinhaltet aber nicht, dass alle Bevölkerungsgruppen und Regionen in den Einwanderungsländern profitierten. Geringqualifizierte Personen, Arbeitsmigranten mit marginalen Kenntnissen der jeweiligen Landessprache und strukturschwache Regionen hatten eher das Nachsehen. Dazu kommt, dass die mit Migration notwendigerweise einhergehende soziale und kulturelle Pluralisierung der Gesellschaften in der Bevölkerung nicht immer auf Akzeptanz stieß. Für die Herkunftsländer war dagegen der Verlust gutqualifizierter Arbeitskräfte ein Risiko, das jedoch durch die mögliche Rückkehr der Migranten oder deren finanzielle Transfers gemildert wurde.

Aufgrund der Alterung der Gesellschaften und des sinkenden Bevölkerungswachstums sind alle EU-Staaten mittlerweile auf Migration angewiesen, um ihren Wohlstand zu halten und ihre sozialen Sicherungssysteme sowie die öffentlichen Haushalte zu stabilisieren. Die Erfahrungen der Ost-West-Migrationen nach den EU-Osterweiterungen zeigen exemplarisch, dass erhebliche ökonomische Gewinne durch die Arbeitsmigration realisiert werden konnten, dass diese aber auch von sozialen Risiken begleitet wurden. Das erfordert eine Antwort der Politik, die sich darum bemühen muss, die möglichen Verlierer der Arbeitsmigration wirtschaftlich stärker einzubinden und die soziale und kulturelle Integration auf die Agenda zu setzen.


Fußnoten:


  1. Zum 1. Mai 2004 wurden Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern als Vollmitglieder der EU aufgenommen, am 1. Januar 2007 kamen Bulgarien und Rumänien dazu, am 1. Juli 2013 Kroatien. ↩︎

  2. Damals gehörten Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, das Vereinigte Königreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien zu den EU-15-Staaten. ↩︎

  3. Aufstocker sind bei der Bundesagentur für Arbeit Personen, die zu dem Arbeitslosengeld auch noch zusätzliche Leistungen erhalten. Dies kann der Fall sein, wenn die Ansprüche auf Arbeitslosengeld I zu gering sind, um das Existenzminimum zu sichern. ↩︎