Die Tschechen sind als Europaskeptiker bekannt. Warum eigentlich?

Bára Procházková ist Chefin vom Dienst im Nachrichtenportal des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens. Vorher war sie als Chefredakteurin des Monatsmagazins „Bel Mondo“ sowie als Redakteurin in mehreren anderen Medien tätig. Sie leitet Seminare für politische Bildung in Deutschland und in Tschechien.

Zusammenfassung

Eine feste Quote zur Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU scheitert am Widerstand der Osteuropäer, berichtete im Herbst des vergangenen Jahres die deutsche Presse vom europäischen Gipfeltreffen. Jeden Tag strömten tausende Flüchtlinge nach Europa, und europäische Politiker suchten gemeinsam nach Lösungen. Von den tschechischen Kollegen kam jedoch eine klare Antwort: Nicht mit uns. Und in den Augen der meisten Tschechen war es richtig so. Warum? Die Experten sind sich einig – die Tschechen haben Angst vor Unbekanntem sowie vor dem Verlust des eigenen Wohlstands und stellen deshalb auch die europäische Integration in Frage.

Tschechen waren schon immer eher europaskeptisch. Diese Haltung ist mal mehr, mal weniger offen kommuniziert worden, je nachdem wer auf der politischen Szene gerade aktiv war. Die Fachöffentlichkeit ist sich einig, dass die allgemeine Meinung bezüglich der europäischen Integration am stärksten von Václav Klaus gelenkt wurde. Klaus war von 1992 bis 1998 Premierminister und später, von 2003 bis 2013, Präsident der Tschechischen Republik. „Er dominierte den öffentlichen Raum mit seiner starken Rhetorik gegen die Europäische Union und es gab keine bedeutende Gegenreaktion darauf. Mit seinem Rückzug aus der aktiven Politik sind seine eurogegnerische Stimme sowie die von seinen Anhängern verschwunden“, meint Jakub Janda, stellvertretender Direktor des Think-Tanks „European Values“. In der politischen Szene waren die Positionen immer klar verteilt – die Linken waren gemeinsam mit den Konservativen immer die größten Skeptiker, ausgesprochene EU-Optimisten gab es nie. So konnte Václav Klaus ohne einen ideellen Widerstand zwanzig Jahre lang die tschechische Europa-Meinung lenken, und mangels anderer Stimmen hörte die Bevölkerung zu. „Die Kommunikation hat nach dem Blame-Game-Prinzip funktioniert, also bei gelungenen Taten haben die Politiker die eigenen Verdienste hervorgehoben, bei misslungenen Schritten war die EU schuld“, erklärt Jakub Janda.

Gleichzeitig mit dem Rückzug von Klaus kam im Herbst 2013 die Regierung des sozialdemokratischen Premierministers Bohuslav Sobotka ins Amt, die vorsichtige Schritte in Richtung Europa gemacht hat. So startete die Regierung beispielsweise zum zehnten Jahrestag des EU-Beitritts Tschechiens eine Kampagne, die positive Seiten der EU-Mitgliedschaft kommunizieren sollte, vor allem die finanziellen Vorteile für das Land. Bis zum Anfang der Migrationskrise konnte man in Tschechien also kaum eine europaskeptische Stimme hören, was sich in einer nach Jahren erstmals wachsenden Zustimmung widerspiegelte. Bis zum Anfang des Jahres 2014 stieg das Vertrauen in die europäischen Institutionen, positiv geneigt war laut der Umfragewerte des Meinungsforschungsinstituts CVVM jeder zweite Tscheche, was seit einigen Jahren ein Maximum an Zustimmung gegenüber der EU bedeutete.

Woher kommt die tschechische EU-Skepsis?

Die Experten erklären den tschechischen Abstand zur EU mit einer allgemeinen Unwissenheit und einer schlechten historischen Erfahrung. Auch im Vergleich mit anderen Staaten zeigen Tschechen nur oberflächliche Kenntnisse über die europäische Integration. So konnten zum Beispiel 66 Prozent der Tschechen bei einer Untersuchung, die das Tschechische Fernsehen 2014 durchführen ließ, keinen einzigen der 22 EU-Abgeordneten aus ihrem Land nennen. In der Slowakei zum Beispiel waren es zumindest zwei. Gleichzeitig beklagen sich die tschechischen EU-Abgeordneten immer wieder öffentlich in den Medien, dass „sie sich wie im Exil fühlen“, und begründen dies damit, dass im Gegensatz zu anderen Regierungschefs die tschechischen Premierminister kein Interesse an einem Austausch mit ihnen hätten. „In den Köpfen eines Großteils der Gesellschaft bleiben die Grenzen zu. Manche sind nicht fähig, sich mit Europa zu identifizieren, sondern nur mit Tschechien. Es kann mit dem Alter zusammen hängen“, meint Monika Horáková, Prager Politikerin der Grünen Partei.

Gleichzeitig werden in regelmäßigen Zeitabständen Stimmen laut, die an negative historische Erfahrungen aus zwei unterschiedlichen Epochen erinnern. Die aus dem Sozialismus lässt sich in folgendem Satz zusammenfassen: „Wir mussten uns vor Moskau verbeugen, nun wollen wir es nicht wieder vor Brüssel tun.“ Die andere führt in die Vorkriegszeit zurück und wird als so genannter „Münchener Komplex“ beschrieben. So wurde im Jahr 1938 im Münchener Abkommen zwischen Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland vereinbart, dass die Tschechoslowakei das Sudetengebiet an Deutschland abtreten solle. Die tschechoslowakischen Vertreter wurden zu den Verhandlungen nicht einmal eingeladen, und so bleibt in der tschechischen Gesellschaft nach wie vor ein Misstrauen gegenüber den westeuropäischen Staaten, das sich folgendermaßen zusammenfassen lässt: „Es wurde über uns, aber ohne uns verhandelt und entschieden.“ Diese Haltung taucht in der tschechischen Argumentation immer wieder auf und wird auch aktuell bestätigt, neuerdings nach der Entscheidung der europäischen Vertreter über die Verteilungsquoten für Flüchtlinge. So wollten die Tschechen keine Flüchtlinge aufnehmen, aufgrund der Entscheidung der anderen EU-Staaten müssen sie nun aber doch etwa 3.000 Flüchtlingen Asyl gewähren.

In der Flüchtlingsfrage sind sich alle Parteien quer durch das politische Spektrum beispiellos einig, und die oppositionelle Parlamentspartei Úsvit-Národní koalice forderte unmittelbar nach der europäischen Entscheidung über die Quoten ein Referendum über den EU-Austritt Tschechiens, und zwar mit dem erwähnten „Münchener Argument“. Die Petition erhielt 70.000 Unterschriften, und das in einem Land, wo Petitionen meistens kaum über 10.000 Befürworter finden. Die tschechische Regierung erklärte in diesem Zusammenhang, ein möglicher EU-Austritt wäre für das Land ein Fehler. „Die EU-Mitgliedschaft ist einer der Grundsteine der tschechischen Außenpolitik und gehört zu den Interessen des Landes“, schrieb die Regierung in einer Erklärung.

Lange Zeit war eine der positiven europäischen Errungenschaften in den Augen der Tschechen der Schengen-Raum. Die Menschen verstanden ihn als ein Symbol für die neue Freiheit und als den wichtigsten Vorteil der europäischen Integration, was sich mit der offiziellen politischen Linie deckte, denn auch die Regierung hielt den funktionierenden Schengen-Raum für eines der wichtigsten politischen Interessen des Landes. Nun kam es in der öffentlichen Meinung zu einer Wende. Die Ergebnisse der Eurobarometer-Umfrage vom Herbst 2015 zeigten, dass die Unterstützung für eine Personenfreizügigkeit in Tschechien rapide sinkt. „Insgesamt 80 Prozent der Tschechen waren von einem Tag auf den anderen für das Schließen der Grenzen, damit keine Fremden ins Land kommen. So hatte die Regierung plötzlich ein Problem, wie sie ihre Ziele kommunizieren soll“, kommentiert Jakub Janda die Umfragewerte. Einerseits muss sich das Land an die europäischen Verpflichtungen halten, andererseits jedoch ermöglicht die Meinung in der Bevölkerung keine Politik, die gegenüber der EU und der Flüchtlingsfrage offen ist. Die Lage wird auch durch den bereits gestarteten Wahlkampf zu den diesjährigen Regionalwahlen beeinflusst.

Warum wollen die Tschechen keine Flüchtlinge aufnehmen?

Seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die tschechische Gesellschaft Schritt für Schritt homogener. Nach dem Kriegsende verschwanden aus der Gesellschaft Juden und Deutsche, Sinti und Roma, ebenso wie behinderte Menschen oder Homosexuelle. „Deshalb haben die Tschechen bis heute ein großes Problem mit allem, was anders ist“, sagt Lukáš Houdek, Aktivist, der sich für die Minderheitenrechte einsetzt. Seine Worte werden auch durch die Ergebnisse der aktuellen Eurobarometer-Untersuchung bestätigt, nach denen es einen Großteil der tschechischen Befragten stören würde, wenn sie zwei küssende Schwule sehen würden. Sie wären auch nicht einverstanden, wenn ihr Kind einen körperlich behinderten Partner heiraten würde oder einen gemeinsamen Arbeitsplatz mit einem Buddhisten hätte. Vierzig Jahre Geschlossenheit haben zur Folge, dass die Gesellschaft keine Erfahrung mit einer ethnisch offenen und bunten Realität wie in der westlichen Welt hat.

Dazu kommt die Befürchtung, mit der Ankunft von vielen bedürftigen Menschen könnte sich am gewohnten Lebensstandard etwas ändern. „Von Bedeutung ist, dass sich die tschechische Gesellschaft 25 Jahre lang hauptsächlich auf das eigene Lebensniveau konzentriert hat. Nun ist die Stabilität weg und jemand scheint in den Augen der Menschen ihren Wohlstand und ihre Sicherheit zu gefährden. Gleichzeitig ist im Gegensatz zu früher nicht mehr so klar vorhersehbar, wie sich das Leben in der Zukunft weiter entwickeln wird. Und das bringt eine große Unsicherheit mit sich“, erklärt Ivan Gabal, Abgeordneter und einer der führenden tschechischen Soziologen.

Wegen der Flüchtlinge stellen die Tschechen die ganze EU in Frage

Nun verbinden sich die EU-Skepsis und die Angst vor den Muslimen, und der Begriff Europa wird mit jedem ankommenden Flüchtling negativer wahrgenommen, meint Jakub Janda. Die Umfrageergebnisse bestätigen, dass die Nichtübereinstimmung mit der Migrationspolitik der EU an eine Ablehnung der europäischen Integration insgesamt gekoppelt ist. Nach einer Untersuchung der Agentur STEM sind drei Fünftel der Bewohner der Tschechischen Republik unzufrieden mit der EU-Mitgliedschaft des Landes, und 62 Prozent würden heute gegen den EU-Beitritt des Landes stimmen. Das gaben vor allem Menschen an, die in der Untersuchung gleichzeitig ihre Angst vor dem Islam erwähnten.

Auch die politischen Eliten verbinden die Migration mit einem Versagen der gesamten Europäischen Union. So sagt zum Beispiel der ehemalige Präsident Václav Klaus: „Die unverantwortlichen europäischen Politiker wie Merkel, Gauck, Juncker oder Tusk nutzen die Migrationskrise aus. Sie kennen die Regel der Politik: Kommt eine Krise, muss man schnell bedeutende Veränderungen einführen, die in einem Normalfall nicht durchkommen würden. So missbrauchen sie die Migrationskrise dazu, in der EU die Schrauben anzuziehen. Das bedeutet eine Demokratiebeschränkung sowie Verstärkung der Zentralisierung und Abschwächung der Freiheit.“ Und Václav Klaus bekommt in den Medien in den letzten Monaten immer mehr Raum.

Interview: Tschechen sind besonders offen für die Rhetorik von Populisten

Einer der führenden christdemokratischen Politiker, David Macek, verlässt nach 19 Jahren seine Partei. Grund ist die negative Haltung seiner Kollegen in der Flüchtlingsfrage. Im Gespräch erläutert er die Gründe der tschechischen Skepsis gegenüber den Flüchtlingen sowie gegenüber der europäischen Integration. – David Macek (39) ist ein tschechischer Politiker, Soziologe und Psychotherapeut. Zwischen 2006 und 2010 war er stellvertretender Vorsitzender der tschechischen Christdemokraten (KDU-ČSL), seit 2010 sitzt er im Regionalparlament der Region Südmähren. Im Herbst 2015 beendete er seine Mitgliedschaft in der Partei wegen deren Haltung in der Flüchtlingsfrage. – Die Fragen stellte die Autorin.

Wie erklären Sie sich die eher ablehnende Haltung der tschechischen Gesellschaft in der Flüchtlingskrise?

Wir Tschechen haben ein Problem mit allem, was aus dem allgemeinen Durchschnitt heraussticht. Und wir haben gleichzeitig ein Problem mit allem, was gewissermaßen „größer“ ist als wir selber. Das zeigt sich in der ablehnenden Meinung zum Adel, zu Kirche und Religion im Allgemeinen sowie in der negativen Position gegenüber allen Minderheiten. Mit Ausnahmen kann die tschechische Gesellschaft einfach nicht umgehen. Was Flüchtlinge betrifft, hatten die meisten Tschechen kaum je die Möglichkeit, jemandem auf der Flucht persönlich zu begegnen oder Muslime zu treffen. So haben die Menschen eine diffuse Angst vor dem Unbekannten und sind dadurch offener für Propaganda jeglicher Art. Sie sehen etwa in den Medien das Bild einer Enthauptung, verbinden es automatisch mit Muslimen und bekommen Angst.

Kann man dem irgendwie entgegenwirken?

Alles fängt mit einer persönlichen Begegnung mit anderen Menschen an. Das ist der Schlüssel für eine Änderung des tschechischen Standpunkts. Je mehr Muslime wir treffen, desto weniger Angst werden wir haben.

Das ist allerdings ein Teufelskreis. Denn wir können nicht mehr Muslime aufnehmen, da die Politiker und ein bedeutender Teil der Bevölkerung dagegen sind …

Wir müssen zunächst die Bevölkerung besser informieren. Des Weiteren müssen wir auch die böhmischen und mährischen Regionen Schritt für Schritt darauf vorbereiten, dass dort in Zukunft mehr Menschen aus unterschiedlichen Kulturen leben werden. Das könnte mithilfe von positiven Beispielen funktionieren.

Wenn irgendwo in der Welt eine humanitäre Katastrophe passiert, zum Beispiel ein Erdbeben auf Haiti oder in Nepal, spenden die Tschechen innerhalb von wenigen Tagen gleich mehrere Dutzend Millionen Kronen. Wieso ist diese grundsätzliche tschechische Hilfsbereitschaft nicht auch für die Flüchtlinge aus Syrien da?

Grundsätzlich gibt es in Tschechien viel Hilfsbereitschaft, nur ist diese im Moment durch die Ängste stillgelegt. Die erwähnten Katastrophen hatten keine besondere Auswirkung auf den Alltag der Einheimischen, dies wäre bei einer Aufnahme von Flüchtlingen anders. Eine Lösung gibt es nur durch die persönliche Erfahrung. Dazu habe ich ein schönes Beispiel: Zum Gedenktag der „Samtenen Revolution“ am 17. November fuhr ich mit dem Auto nach Prag und nahm außer vier Kollegen noch den Vorsitzenden der Brünner Gemeinde der Muslime mit. Für meine Kollegen war er der erste Muslim, mit dem sie je gesprochen haben. Er erzählte lustige Geschichten aus seinem Leben und sagte auch, dass er immer von seiner Ehefrau eine Einkaufsliste bekäme, weil sie immer mit ihm schimpft, wenn er sich die Sachen nicht merken kann. Meine Kollegen waren nach dieser zweistündigen Autofahrt ganz positiv überrascht, dass er so wie sie ganz „normal“ ist.

Warum sind denn die tschechischen Politiker nicht so ein Vorbild für die Bevölkerung wie manch anderer europäischer Politiker?

Erstens sind die Politiker Menschen aus der Bevölkerung. Warum sollten sie besser sein als der durchschnittliche Tscheche? Und solange die Mehrheitsmeinung negativ ist, bekommen sie mehr Zustimmung, wenn sie das Land vor den Flüchtlingen schützen. Sie wollen einfach, dass keine anderen Menschen ins Land kommen. Ich habe zum Beispiel meinen Kollegen im Regionalparlament von Südmähren angeboten, dass ich einige Integrationsmaßnahmen aus den französischen Regionen bei uns kommunizieren und umsetzen könnte. Sie waren aber dagegen und zwar mit der Begründung, dass wir uns auf die Regionalwahlen 2016 vorbereiten müssten und dass dieses Thema keine Stimmen bringe – sogar eher im Gegenteil.

War das für Sie der Grund, die Christdemokratische Partei nach 19 Jahren aktiver Mitgliedschaft zu verlassen?

Es war eine Entwicklung der letzten Monate, denn die Christdemokraten rückten immer weiter in die Nähe nationalistischer Bewegungen. Meine Kollegen betrachteten zum Beispiel einige Schritte des ungarischen Premierministers Viktor Orbán gegenüber den Flüchtlingen als völlig angemessen und waren auch gegen die europäischen Flüchtlingsquoten. Als mir klar wurde, dass die Partei christliche Werte mit nicht-christlichen Methoden verteidigen will, habe ich mich verabschiedet.

Wie waren die Reaktionen darauf?

Einige wenige Parteimitglieder aus unterschiedlichen Ecken des Landes haben mir geschrieben und ihre Sympathien ausgesprochen, die meisten haben aber negativ reagiert. Der Parteichef, Pavel Bělobrádek, führte eine Kampagne gegen mich auf Facebook. Ich bin nach wie vor Mitglied des Regionalparlaments von Südmähren und habe meinen Kollegen angeboten, dass ich meine Arbeit als Vorsitzender des Ausschusses für Regionale Entwicklung bis zu den Wahlen weiterführe und in diesem Zusammenhang auch Projekte zur Integration vorantreibe. Meine Kollegen waren dagegen und haben mich abberufen. Das alles hat mir gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war.

Was kann die Migrationskrise für die Zukunft Tschechiens in der Europäischen Union bedeuten?

Die meisten Tschechen sehen die aktuelle Situation leider als ein weiteres Argument gegen die europäische Integration, und es gibt genug Populisten, die diese Tendenz für sich nutzen. Dazu gehören auch der jetzige und der vorherige Präsident. Die Menschen hören diesen Leuten zu. Die Politiker wollen viele Kompetenzen nicht nach Brüssel abgeben, die Europäische Union ist darum in vielen Fällen nicht handlungsfähig, dann erzählen aber die Politiker zu Hause den Wählern, dass die EU unfähig sei, und sammeln damit Punkte.

Warum haben gerade die Tschechen ein offenes Ohr für solche Populisten?

Das hängt mit der eigenen Identität zusammen. In Tschechien gibt es dieses Gefühl, dass man sich stets gegen Andere abgrenzen muss – und das schon seit der Hussitenbewegung im 15. Jahrhundert. Die Hussiten hatten das Motto „Gegen alle“. Das beschreibt die grundsätzliche tschechische Haltung sehr gut, und sie taucht in der Geschichte immer wieder auf. Genau das haben wir auch während der Diskussion über die Flüchtlingsquoten gemerkt, die Rhetorik war klar: Wir sind die Einzigen, die erkannt haben, dass die Quoten ein Fehler sind, alle Anderen sehen es nicht, also müssen wir gegen alle kämpfen.