OWEP 2/2025

OWEP 2/2025

Schwerpunkt:
Polen im Wandel

Editorial

Mehr als 20 Jahre nach dem Beitritt zur Europäischen Union ist Polen in der Mitte Europas angekommen. Während der große östliche Nachbar Deutschlands zunächst vor allem als wirtschaftlich und demokratisch instabil wahrgenommen wurde, wird Polen spätestens seit Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine als entscheidender europapolitischer Akteur anerkannt. Das Land ist für viele Menschen in Westeuropa erst mit den schweren Krisen in Belarus 2020 und Russlands Großinvasion 2022 stärker ins Bewusstsein gerückt als eine Gesellschaft, die trotz ihrer Polarisierung im Ernstfall überzeugt für Europa einsteht. 2025 ist in dieser Hinsicht ein bedeutsames Jahr: Polen hat im ersten Halbjahr 2025 unter höchst angespannten internationalen Bedingungen die EU-Ratspräsidentschaft inne. Im Mai 2025 wird ein neuer Präsident gewählt – eine Schicksalswahl nach Jahren der populistischen Zuspitzung. Ein guter Zeitpunkt, um etwas genauer nach Polen zu blicken, auf aktuelle Entwicklungen und die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen.

Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe bieten neben Analysen der aktuellen politischen Herausforderungen auch Einblicke, die beim flüchtigen Nachrichtenüberblick wenig Beachtung finden. Dazu gehören persönliche Erfahrungen mit dem Wandel des Landes, Berichte zu Kultur und Kirche, aber auch ein neugieriger Blick auf die Grenzregion zu Deutschland. Sie ist mit zahlreichen Doppelstädten und dem gemeinsamen Grenzfluss Oder längst zu einer einzigartigen europäischen Begegnungsregion geworden. Mit einem Porträt der Kleinstadt Rzeszów, die durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine zu einem wichtigen europäischen Militärstandort wurde, und einem Artikel über den Stand der Frauenrechte werden zwei Schlaglichter auf langfristige gesellschaftliche Herausforderungen gesetzt. Ein Interview über die Tourismusbranche spricht gleichzeitig die zeitlose Einladung aus: Polen ist immer eine Reise wert – auch, um Geschichte und Gegenwart des europäischen Zusammenlebens aus der Nähe zu erleben.

Die Redaktion

Inhaltsverzeichnis

82
Rückblick und Ausblick auf das deutsch-polnische Verhältnis
Peter Oliver Loew
88
Eine richtungsweisende Wahl
Marta Bucholc
94
Polen im Wandel – eine Zeitreise
Matthias Kneip
100
Die Stadt Rzeszów im Wandel zur Militärbastion
Ivo Mijnssen
107
Schutz und Sicherheit als Leitmotiv
Kai-Olaf Lang
116
Deutsch-polnische Doppelstädte
Elżbieta Opiłowska
124
Polen als attraktives Urlaubsziel. Ein Gespräch mit dem Tourismusexperten Marcin Płachno
Gemma Pörzgen
129
Die Oder – ein gefährdeter Fluss
Michał Olszewski
137
Theater als Spiegel der Gesellschaft
Iwona Uberman
145
Die zunehmende Säkularisierung und die Rolle der Kirche
Thomas Urban
152
Der wechselhafte Kampf um Frauenrechte
Małgorzata Kopka-Piątek
159
Weiterführende Lektüre
OWEP-Redaktion

Summary in English

More than 20 years after joining the European Union, Poland has arrived at the heart of Europe. While Germany's large eastern neighbor was initially perceived primarily as economically and democratically unstable, Poland has been recognized as a key player in European politics at least since Russia's war of aggression against Ukraine. Many people in Western Europe only became more aware of the country as a society that, despite its polarization, stands up for Europe in an emergency following the serious crises in Belarus in 2020 and Russia's major invasion in 2022. 2025 is a significant year in this respect: Poland will hold the EU Council Presidency in the first half of 2025 under extremely tense international conditions. A new president will be elected in May 2025 – a fateful election after years of populist escalation. A good time to take a closer look at Poland, current developments and the relations between Germany and Poland.

The authors of this issue offer not only analyses of current political challenges, but also insights that receive little attention in a cursory overview of the news. These include personal experiences of the country's transformation, reports on culture and the church, as well as a curious look at the border region with Germany. With its numerous twin towns and the shared border river Oder, it has long since become a unique European meeting place. A portrait of the small town of Rzeszów, which became an important European military base as a result of Russia's war against Ukraine, and an article on the status of women's rights highlight two long-term social challenges. At the same time, an interview about the tourism industry issues a timeless invitation: Poland is always worth a trip – also to experience the past and present of European coexistence up close.