Die Karpaten in der Geschichte und Mythologie der Rumänen

aus OWEP 1/2017  •  von Ciprian Ghisa

Dr. Ciprian Ghisa ist stellvertretender Direktor des Transylvania College/The Cambridge International School in Cluj-Napoca (Rumänien).

Zusammenfassung

Die Karpaten sind einer der längsten Gebirgszüge Europas, wobei sich der größte Teil durch Rumänien zieht. Der folgende Beitrag bietet einen geografischen Überblick und zeichnet die Bedeutung der verschiedenen Gebirgszüge für die historische und geistige Entwicklung der Region von der Antike bis in die Gegenwart nach.

Allgemeine Bemerkungen

Die Karpaten bilden ein Gebirgssystem von 1.500 km Länge und ziehen sich durch acht europäische Staaten, nämlich Österreich, die Tschechische Republik, die Slowakei, Polen, Ukraine, Rumänien und Serbien, wobei allerdings einzelne Teile andere Namen tragen. Der größte Teil der Karpaten, ungefähr 800 km, liegt auf dem heutigen Staatsgebiet von Rumänien und besteht aus drei Teilen: Ostkarpaten, Südkarpaten und Westkarpaten. Der höchste Gipfel liegt in den Südkarpaten im Făgăraș-Gebirge, die Moldoveanu-Spitze (2.544 m).

Die Karpatenlandschaft ist sehr zersplittert und z. T. von vulkanischen Erscheinungen geprägt. Die damit verbundenen Prozesse schufen eine Reihe von Senken zwischen den Bergen, die seit der Antike bewohnt sind. Der Name „Karpaten“ leitet sich vom altdakischen Stamm der Carpi ab, was so viel wie Stein bedeutet. Die karpatische Landschaft ist von außerordentlicher Schönheit, geprägt von dichten Wäldern, Quellen, Seen und Höhlen, aber auch von Hochplateaus und Gletscherlandschaften. Es gibt über 12.000 Höhlen, von denen zehn über zehn Kilometer lang sind. Die längste ist Pestera Vantului („Höhle des Windes“) in den Padurea-Bergen mit 55 km Länge, am bekanntesten die Bärenhöhle in den Westkarpaten. Größter eiszeitlich geprägter See ist der Bucura-See (24 ha), berühmtester der Bâlea-See im Făgăraș-Gebirge, dessen Gestalt den Grenzlinien des rumänischen Staates ähnelt. Ein weiteres touristisches Ziel ist auch der einzige vulkanisch entstandene See der rumänischen Karpaten, der in einem Krater liegende St.-Anna-See in den Ostkarpaten.

In den letzten Jahrzehnten wurde eine Reihe von Staudämmen zur Stromerzeugung errichtet; der bedeutendste entstand an der Donau, direkt am Beginn des rumänischen Territoriums, das „Eiserne Tor I“ bzw. „Eiserne Tor II“, beide noch in Zusammenarbeit mit dem früheren Jugoslawien. Ein weiterer eindrucksvoller Damm wurde in Vidraru am Fluss Arges in den Südkarpaten gebaut, dessen 166 Meter hoher Damm an 20. Stelle der Welt liegt.

Die Hășmaș (Hagymás)-Berge in den Ostkarpaten1

Die Karpaten repräsentieren einen idealen Lebensraum für viele europäische Wildtiere, die man dort noch immer in freier Wildbahn beobachten kann, wie beispielsweise Wisente, Wölfe, Bären, Luchse, Gämsen, Hirsche und Wildschweine.

Die Karpaten als Grenzregion in der Antike

Als die römischen Historiker die Landschaft beschrieben, in der sich später aus den dakischen Stämmen die Rumänen herausbildeten, bezeichneten sie als Grenzen stets die Karpaten, die Donau und das Schwarze Meer. Offensichtlich wollten sie damit eine Abgrenzung zu den Nachbarregionen, die dann später von den Ungarn und Bulgaren bewohnt wurden, ziehen. Andererseits wirft diese Feststellung ein Licht auf die rumänische Nationalidentität, die sich nach und nach ab der Mitte des 18. Jahrhunderts herausgebildet hat und die im Gebirge ein grundlegendes Element des rumänischen Geistes und eine Quelle der Werte und Traditionen sieht. In der Volksmentalität wurden die Berge immer auch als Geburtsort der Nation verstanden, außerdem aber auch als Raum des Rückzugs und Widerstandes gegen Invasoren in schwierigen Zeiten.

Natürlich vernachlässigen diese Begrenzungen die tatsächlichen Grenzen Rumäniens sowohl gegenüber dem Westen als auch im Blick auf die Moldau-Ebene. Sie erwähnen auch nicht Bessarabien, die heutige Republik Moldau. Andererseits ist das Ganze ein Hinweis auf die Tatsache, dass die Karpaten als das eigentliche Rückgrat des rumänischen Nationalgebietes angesehen werden. Sie bilden damit eine Abgrenzung zwischen den drei traditionellen rumänischen Regionen: Transsylvanien im Zentrum und im Westen, Moldau im Osten, Walachei im Süden.

Die rumänische Historiografie hat immer wieder versucht zu erklären, warum es nicht gelungen ist, im Mittelalter einen einheitlichen rumänischen Staat zu schaffen. Eine Erklärung beruht auf der geografischen Lage der Berge mit ihrer Orientierung Nord-Süd-West-Nord, die in einer gewissen Weise Transsylvanien isolierten und damit eine Grenzlinie zwischen den Landesteilen Moldau und Walachei bildeten. Darüber hinaus sind diese drei Provinzen nicht durch bedeutende, aus den Karpaten kommende Flüsse verbunden. Die Flüsse, die durch die Landschaft Moldau fließen, erreichen nicht die Walachei – die Flüsse aus Transsylvanien richten sich nach Westen und verbinden diese Landschaft mit der Pannonischen Tiefebene. Eine wichtige Ausnahme ist der Fluss Olt, der zweitlängste Fluss Rumäniens, der die Karpaten von Transsylvanien in Richtung Walachei durchquert. Es ist daher nicht überraschend, dass dieser Fluss seit der Antike eine wichtige Handelsroute bildet.

In der antiken Welt war das gesamte Areal von den Dakern und den Geten bewohnt (diese Namen benutzten die Römer für die Völkerschaften, die an der unteren Donau lebten). Diese Stämme gehören zur größeren Familie der Thraker, die im gesamten Balkangebiet verbreitet und Nachbarn der Makedonier und Griechen im Süden waren. Um 200 v. Chr. teilten sich die Daker das Gebiet mit verschiedenen anderen Bevölkerungsgruppen, etwa den Kelten in Transsylvanien oder den Skythen in Dobrogea (Dobrudscha, „Scythia Minor“). Die verschiedenen dakischen Stämme wuchsen nach und nach zusammen und vereinigten sich schließlich unter König Burebista (82-44 v. Chr.) mit dem Zentrum in den Orăștie-Bergen auf der Westseite der Südkarpaten. Diese Region bildete dann auch das Zentrum des dakischen Reiches bis zur römischen Eroberung unter Kaiser Trajan (106 n. Chr.). Dort, bei der Siedlung Sarmizegetusa, lag das spirituelle Zentrum ihrer polytheistischen Religion in einem Ringwall mit starken Befestigungen.2

Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert bildeten die Gebirgszüge der Karpaten die Grenze der römischen Provinz Dakien, was der Vorstellung von Kaiser Augustus, das Römische Reich müsse überall von natürlichen Grenzen umgeben sein, entgegenkam. Jenseits dieser Barriere lebten die Stämme der freien Daker, die zusammen mit den Goten immer wieder die römischen Siedlungen überfielen. Zu ihrer Abwehr errichteten die Römer ein System mächtiger Grenzbefestigungen entlang der Bergkämme. Sie erschlossen aber auch die neugewonnene Provinz u. a. durch Anlage von Bergwerken zur Gewinnung von Gold, Silber und Eisen; die römischen Grubenanlagen in Alburnus Maior, dem heutigen Roșia Montană, gehören inzwischen zum Weltkulturerbe. Außerdem nutzten die Römer auch die örtlichen Mineralwasserquellen, z. B. in Herculaneum (heute Băile Herculane) oder Germisara (heute Geoagiu-Băi).

Mittelalter und Neuzeit

Die Karpaten wurden dann wieder eine Grenzregion, als Transsylvanien vom mittelalterlichen Königreich Ungarn besetzt wurde. Der Name Transsylvanien hat ungarische Ursprünge und bezieht sich auf die Karpaten als „Land jenseits des großen Waldes“. Damit ist eine Perspektive aus Sicht der Pannonischen Tiefebene mit Blick nach Osten in Richtung der Region auf der anderen Seite der Westkarpaten gemeint, deren Berge mit dichten Wäldern bedeckt waren. Nach anfänglichen Konflikten am Ende des 9. Jahrhunderts unter schwachen lokalen rumänischen Herrschern eroberten die Ungarn Transsylvanien zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert. Unterstützt wurden sie von den Szeklern, einem Volk, das die Ungarn bei ihrer Einwanderung aus Asien nach Europa begleitet hatte. Sie bildeten die Vorhut der ungarischen Armee, wurden von den ungarischen Königen in den Tiefebenen der östlichen Karpaten angesiedelt, erhielten von ihnen Privilegien und verpflichteten sich im Gegenzug dafür, die Grenzen Ungarns zu schützen.

Eine schwere Herausforderung für das Königreich Ungarn bedeutete die Invasion der Mongolen 1241, bei der zahlreiche Siedlungen zerstört und die Bevölkerung erheblich dezimiert wurde. Zur Abwehr weiterer Angriffe ließ die ungarische Krone die Übergänge über die Karpaten stärker befestigen. Zwar gab es 1288 und auch in den folgenden Jahrhunderten immer noch Überfälle der Mongolen, doch waren die Folgen nicht mehr so verheerend.

Erneut wurden die Karpaten am Ende des 17. Jahrhunderts zur Grenzregion, als Transsylvanien nach der Niederlage der osmanischen Türken vor Wien (1683) Teil des habsburgischen Reiches wurde und die Karpaten nun die Grenze zum Osmanischen Reich markierten. Die beiden rumänischen Fürstentümer Moldau und Walachei blieben weiterhin in lockerer Abhängigkeit vom Osmanischen Reich. Die Rolle als Grenzregion endete 1918, als Transsylvanien nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Königreich Rumänien vereinigt wurde.

Neben der strategischen Aufgabe kommt den Karpaten auch eine wichtige Rolle in den Erzählungen zur Geschichte der beiden mittelalterlichen rumänischen Staaten Walachei und Moldau zu. Beide Fürstentümer entstanden durch die Aktivitäten rumänischer Führer, die aus Transsylvanien kamen. Ihr Weg über die Karpaten ist in der rumänischen Historiografie und Mythologie als „descalecare“ („vom Berge kommend“ im Sinne von „Staat gründen“ verbunden). Im Falle der Walachei kam der Woiwode Negru in Câmpulung an, nachdem er 1290 die Karpaten von Făgăraș kommend überschritten hatte und von den lokalen Führern als ihr Herrscher anerkannt worden war. In der Moldau war es der Woiwode Dragos, der 1359 aus Maramureș auf Befehl des ungarischen Königs Ludwigs I. des Großen 1359 mit dem Auftrag ins Land kam, um eine militärische Grenzzone gegen die Mongolen einzurichten. Mit seinem „vom Berge Kommen“ ist die Erzählung verbunden, er hätte in Begleitung seiner getreuen Hündin Molda einen Wisent gejagt. Sie folgten ihrer Beute von den Bergen des Maramureș zu den Ostkarpaten; Dragos tötete das Tier, aber seine Hündin starb ebenfalls am Ufer eines Flusses, der daraufhin Moldau genannt wurde. Ein neues Land war damit entstanden, genannt Moldau, und der Wisent wurde zum Symbol in der Flagge von Moldau.

Die Karpaten waren aber auch ein wichtiger Rückzugsort für viele rumänische Fürsten der Moldau und der Walachei während der Abwehrkämpfe gegen die Türken. So wich Mircea der Alte (reg. 1386-1418) zwischen 1394 und 1396 in die Berge zurück, nachdem er von seinem adligen Gefolge trotz seines großen Sieges über Sultan Bayezid in Rovine im Oktober 1394 verraten worden war. Vlad der Pfähler (reg. 1456-1462) – bis heute als legendärer „Graf Dracula“ berühmt und berüchtigt – verstärkte die Festung Poenari. Fürst Michael der Tapfere (reg. 1593-1601), der als erster Herrscher die drei Provinzen Transsylvanien, Walachei und Moldau um 1600 vorübergehend vereinen konnte, zog sich während der osmanischen Besetzung der Walachei 1595 ebenfalls in die Berge zurück. Sehr viel später, Ende des 19. Jahrhunderts, wählte der erste König von Rumänien, Karl I. von Hohenzollern, Sinaia, einen beliebten Erholungsort in den Südkarpaten, als Rückzugsort. Er ließ dort das außergewöhnliche Schloss Peleş als Sommerresidenz der rumänischen Königsfamilie erbauen, eines der bedeutendsten Baudenkmäler Europas aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Die Karpaten: Durchgänge und Verbindungen

Im 18. Jahrhundert beschreiben die ausländischen Reisenden, die die Karpaten von Transsylvanien kommend Richtung Bukarest oder Moldau überqueren wollten, diese Landschaft als äußerst exotisch, aber auch als durchaus gefährliche Erfahrung, besonders während des Winters. Sie erwähnen sehr schwierige und raue Bedingungen, große Massen von Schnee, äußerst niedrige Temperaturen und Angriffe und Verfolgungen durch große Wolfsrudel. Männer und Pferde kamen während solcher abenteuerlicher Unternehmungen häufig ums Leben.

Allerdings wurden die Pässe über die Karpaten bereits in der Antike für den Handel genutzt; so wurden griechische Keramik und makedonische Münzen in den Siedlungen der Daker in Transsylvanien gefunden. Während des Mittelalters entwickelten sich die Städte der eingewanderten Deutschen (Siebenbürger Sachsen) Braşov (Kronstadt), Sibiu (Hermannstadt) und Bistriţa (Bistritz) am Ende der drei Durchgangsrouten zu bedeutenden Handelszentren und empfingen Kaufmannszüge aus dem Osmanischen Reich und dem Orient. Die großen Handelshäuser von Braşov hatten Kontakte zum gesamten mitteleuropäischen Raum. So ist es nicht überraschend, dass diese Stadt die größte des mittelalterlichen Ungarn mit ungefähr 12.000 Einwohnern war.

Die Bergregionen bildeten auch das Hauptgebiet für einen wichtigen Erwerbszweig der Rumänen seit dem frühen Mittelalter, die Schafzucht. Die berühmtesten rumänischen Schäfer und Schafzüchter stammten aus der Region um Sibiu. Österreichische Quellen des 18. Jahrhunderts erwähnen, dass sie mit ihren Herden aus den Karpaten in die Walachei und sogar bis in die Dobrudscha unweit des Donaudeltas zogen, um dort den Winter zu verbringen. Manche kehrten nicht mehr nach Transsylvanien zurück.

Erwähnt sei schließlich auch, dass die Behörden des Habsburgerreiches im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Durchgangsrouten verstärkt kontrollierten, um zu verhindern, dass Mönche und andere Gesandte der orthodoxen Kirche aus der Walachei die bedrängten orthodoxen Gemeinden in Transsylvanien mit Schriften und Manifesten gegen die griechisch-katholische (unierte) Kirche, die von der Obrigkeit gefördert wurde, unterstützten. Ähnliches lässt sich bereits seit dem 17. Jahrhundert beobachten.

Die Karpaten – Land von Mythen und Spiritualität

Wie bereits erwähnt, lag das geistige Zentrum der Daker in Sarmizegetusa in den Südkarpaten. Die Bergspitzen, die Hochplateaus und die tiefen dichten Wälder wurden häufig als heilig verehrt. Die Daker verbrannten ihre Toten, deren Asche dann in den Wäldern verstreut wurde. Das Bugeci-Massiv in den Südkarpaten ist bis heute von Geheimnissen umgeben; auf seinem Hochplateau kann man zwei außergewöhnliche Steinformationen bestaunen – „die Sphinx“ und „die Großmütter“.3 Die Geologen erklären diese Formation durch Naturphänomene, aber in der Volksüberlieferung werden sie häufig den Dakern oder deren alten Göttern zugeschrieben.

Der Berg Ceahlău in den Ostkarpaten war ein weiterer heiliger Berg der Daker und frühen Rumänen. Eine alte Überlieferung erzählt von Dochia (Dokia), der Tochter des letzten DakerKönigs Decebalus (87-106 n. Chr.), der sein Land gegen die Römer zu verteidigen suchte. Im Jahre 106 war Trajan siegreich und Decebalus beging Selbstmord, um nicht in die Hände der Römer zu fallen. Trajan soll sich in Dochia verliebt haben, aber sie weigerte sich, ihm zu folgen, und zog sich stattdessen auf den heiligen Berg Ceahlău zurück, wo sie den Gott Zalmoxis um Rettung vor Trajan bat. Dieser erhörte ihr Gebet und verwandelte sie mit ihrem gesamten Gefolge in Statuen aus Stein. Der Berg wird damit zu einem weiteren wichtigen Symbol des Glaubens der Rumänen an eine starke spirituelle Verbindung zwischen ihnen und der Natur.

Die Karpaten waren auch eine Wiege des frühen dako-romanischen Christentums. Im Gedicht des heiligen Paulinus von Nola, das er dem heiligen Nicetas von Remesiana im 4. Jahrhundert gewidmet hat, der heute als einer der Apostel der Rumänen gilt, wird darauf hingewiesen, dass der Heilige das Evangelium einer lateinisch sprechenden Bevölkerung gepredigt hat, die er dadurch erreichte, dass er von Norden durch ein großes Gebirge kam. Einige Wissenschaftler halten dieses Gebirge für die Südkarpaten. Jedenfalls ist sicher, dass frühe Missionare und Eremiten in den Höhlen der tiefen Wälder Schutz suchten und dort kleine Kapellen bauten, die sie mit christlichen Symbolen schmückten. Eine neue Studie konnte eine Reihe von entsprechenden Orten in den Südkarpaten identifizieren, darunter einige, die bis ins 16. und 17. Jahrhundert genutzt wurden.

Nachdem sich die mittelalterlichen Staaten gebildet haben, entstanden in den Bergregionen wichtige Klöster, die zu geistigen und kulturellen Zentren des rumänischen Lebens wurden. Dabei handelte es sich griechisch-orthodoxe Klöster, die auf Initiative griechischer Mönche und durch Unterstützung von den Woiwoden und lokalen Adeligen gebaut wurden. Sie waren bedeutende Symbole und trugen dazu bei, dass sich die rumänischen Fürsten in der Moldau und der Walachei im 14. Jahrhundert endgültig der Ostkirche zuwandten. Als erstes Kloster der Walachei entstand Tismana in den Südkarpaten, begründet durch den heiligen Mönch Nicodim am Beginn der Herrschaft von Vladislav Vlaicu (reg. 1364-1377). Erwähnenswert ist außerdem Kloster Cozia, 1387 von Mircea dem Alten gestiftet. Der schon erwähnte Nicodim von Tismana gilt auch als Gründer des Klosters Prislop, das in der Senke von Haţeg in den Südkarpaten liegt. Das bedeutendste geistige Zentrum für die in Transsylvanien lebenden Rumänen im Mittelalter war jedoch Kloster Râmeț in den Westkarpaten, im 13. Jahrhundert begründet durch den Mönch Ghenadie. Râmeț wurde Bischofsresidenz während der mittelalterlichen Periode Rumäniens und war ein Zentrum des Widerstands gegen die auf eine Union mit Rom gerichteten Bestrebungen im 18. Jahrhundert.

Die Karpaten repräsentieren also ein wesentliches Element in der Entwicklung des rumänischen Volkes, weil sie mit dessen Ursprüngen verbunden sind und seine Geschichte entscheidend geprägt haben. Manchmal haben sich Grenzen und Regionen überschnitten und es bildeten sich Gebiete des Rückzugs oder auch des Durchgangs. Insgesamt haben die Berge im Geist und in der Tradition der Rumänen tiefe Wurzeln geschlagen. Sie sind ein Symbol ihres Widerstands gegen alle Bedrängungen, ein Symbol für ihren Weg in der Geschichte und ihren Mut. So bilden die Karpaten die Wiege des rumänischen Volkes in physischer ebenso wie in spiritueller Hinsicht.

Aus dem Englischen übersetzt von Christof Dahm.

Die rumänischen Karpaten sind Teil eines Gebirgssystems, das sich über acht Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas erstreckt; von ca. 1.500 km Länge liegen in Rumänien ca. 800 km. Mittel- und Hochgebirgsanteile wechseln einander ab und sorgen für eine reiche Gliederung der Berglandschaften. Der Name ist indoeuropäischen Ursprungs und leitet sich von „Carpi“ („Stein“) ab. Höchster Gipfel der rumänischen Karpaten ist die Moldoveanu-Spitze (2.544 m) in den Südkarpaten.


Fußnoten:


  1. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:H%C4%83%C8%99ma%C8%99_Mountains.jpg ↩︎

  2. Hinweise z. B. unter https://de.wikipedia.org/wiki/Sarmizegetusa_Regia (mit Bildern). ↩︎

  3. Abbildungen der „Großmütter“ und der „Sphinx“ z. B. unter https://de.wikipedia.org/wiki/Babele↩︎