1947: Sowjetische Außenpolitik

aus OWEP 4/2017  •  von Maria Toropova

Maria Toropova: Doktorandin an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Thema: Rolle der Russischen Orthodoxen Kirche in der russischen Außenpolitik).

Die Welt polarisierte sich. Die Blockkonfrontation, die später als Kalter Krieg bezeichnet wurde, hatte ihre Geburtsstunde mit der „Fulton-Rede“ Winston Churchills am 5. März 1946 (u. a. Hinweis auf den „Eisernen Vorhang“ in Europa) sowie der Initiative von US-Außenminister George C. Marshall, ein Wirtschaftswiederaufbauprogramm in Westeuropa zu realisieren, das er am 5. Juni 1947 an der Harvard-Universität vorstellte; es sollte aus Krediten, Lebensmitteln, Waren und Rohstoffen bestehen. Ursprünglich war dieses Programm für alle kriegsbeteiligten Länder geplant; die osteuropäischen Länder wurden dazu nach Paris eingeladen. Allerdings empfand die Sowjetunion (nicht ohne Grund) eine solche Initiative als Bedrohung für die eigene Einflusssphäre in Europa. So wurde der Marshallplan von der UdSSR und in der Folge von den osteuropäischen Staaten abgelehnt. Die UdSSR begann mit der Erarbeitung einer eigenen Initiative zum Marshallplan, was 1949 zur Gründung des „Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe“ mit Sitz in Moskau führte.

Der Wiederaufbau Europas war nicht die einzige Wettbewerbsbühne der Großmächte. Die Vereinten Nationen wurden ebenfalls 1947 zur Arena ihrer Rivalität. So stand die Frage nach der Zukunft Palästinas im Mittelpunkt der damaligen Diskussionen, da sich das britische Mandat über das Territorium zu Ende neigte. Daher befürwortete der damalige Vertreter der UdSSR Andrei Gromyko, der im Westen wegen seiner harten Verhandlungsweise und häufigen Nutzung des Veto-Rechts im Sicherheitsrat als „Genosse Njet“ bekannt wurde, in den Vereinten Nationen die Gründung zweier Staaten. Am 29. November 1947 hielt er eine Rede bei der Generalversammlung, in der er die sowjetische Position klarstellte: Zwei unabhängige und demokratische Staaten sollten entstehen – einer für Juden und einer für Araber. Damit leistete die Sowjetunion den britischen Machtinteressen auch außerhalb der europäischen Grenzen außenpolitischen Widerstand und rechnete zudem auf die freundschaftlichen Beziehungen zum geplanten und 1948 gegründeten Staat Israel, der überwiegend von Sozialisten regiert wurde. Dies ermöglichte der Sowjetunion, den eigenen politischen Einfluss im Nahen Osten zu festigen und in der Region zur Konkurrenz für die westlichen Mächte zu werden.