1987: Unterzeichnung der „doppelten Nulllösung“

aus OWEP 4/2017  •  von Anna Ott

Anna Ott: Studentin der Katholischen Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Am 8. Dezember 1987 trafen sich US-Präsident Reagan und der sowjetische Generalsekretär Gorbatschow im Weißen Haus in Washington, um den Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF-Vertrag) zu unterzeichnen, der beiden Staaten verbot, neue Mittelstreckenraketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 km und 5.000 km zu produzieren. Außerdem sollten in den folgenden drei Jahren weltweit die betroffenen beiden Raketentypen, deren Abschussvorrichtungen und Infrastruktur vernichtet werden. Diese Regelung umfasste auf Seiten der USA 846, auf Seiten der Sowjetunion 1.846 Raketen.

Gorbatschow bekundete während den Verhandlungen außerdem seine Bereitschaft zu einer Lösung des Afghanistan-Konfliktes. Sollte die sowjetische Regierung ihre Truppen aus Afghanistan abziehen, stellte die USA eine schnelle Ratifizierung des Vertrages in Aussicht.

Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite bis zu 500 km waren nicht Teil des Vertrags. Dennoch markierte die gegenseitige Unterzeichnung des Vertrags einen ersten greifbaren Schritt der Entspannungspolitik zwischen Ost und West. Es war der Wendepunkt der Rüstungskontrolle im Kalten Krieg. Erstmals sah ein Abrüstungsvertrag die Abschaffung einer ganzen Waffengattung vor und war auch mit Kontrollverfahren in Form eines Protokolls über die Inspektionen und eines über die Zerstörung der Waffen verknüpft. Die Inspektionsrechte endeten 2001. Erst zu diesem Zeitpunkt galt der Vertrag auch als vollständig umgesetzt.

Eine besondere Rolle in den vorbereitenden Gesprächen spielten die beiden deutschen Staaten. Weil die deutschen Gebiete potenzielle Zielgebiete von nuklearen Angriffen aus Ost und West auch und gerade bei einem Einsatz von Kurzstreckenraketen waren, drängten beide Seiten ihre jeweiligen Bündnispartner dazu, in den Verhandlungen weiter voranzuschreiten. Bereits im Juni 1987 sprach sich Bundeskanzler Helmut Kohl für eine doppelte Nulllösung aus. Nebeneffekt waren auch verbesserte Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten.