24. Oktober 2011

Einer, der Stand gehalten hat

Zum Tode von Jiří Kaplan in Prag

[img_assist|nid=34|title=Jiri Kaplan|desc=|link=none|align=left|width=NaN|height=110]Am 17.Oktober 2011 starb Jiří Kaplan in Prag im Alter von 86 Jahren. Hinter dieser nüchternen Nachricht verbirgt sich das Ende eines ganz und gar ungewöhnlichen Lebens. Das Leben eines aufrechten Christen, der sich nicht beugen ließ in der Zeit der kommunistischen Herrschaft in der früheren Tschechoslowakei. Ein paar Daten und Fakten zu seinem Leben:

Jiří Kaplan wurde 1925 in Uzgorod geboren. Abitur im Jahre 1944. Studium der Mathematik und Physik an der Karlsuniversität in Prag von 1945-1950. Von 1952-1990 Arbeit am Institut für technische und wissenschaftliche Information in Prag. Ab 1968 begann Jiří Kaplan aktiv mit der kirchlichen Untergrundarbeit. Er übersetzte ausländische Quellen für die Samisdatliteratur, baute dafür ein Organisations- und Informationsnetz auf. September bis Dezember 1979 Inhaftierung. Er wurde der „Behinderung der Staatsaufsicht über die Kirche“ beschuldigt. Jiří Kaplan war Vater von 10 Kindern und Großvater von über 30 Enkelkindern. Er spielte Bratsche in einem Streichquartett. Jiří Kaplan muss gespürt haben, dass sein reiches, schönes, schreckliches Leben sich seinem Ende näherte. Er wollte im September 2011 noch einmal nach Taizé, einer seiner Lieblingsorte. Das gelang noch. Wenige Tage danach stürzte er im Garten, verlor das Bewusstsein, lag noch eine kurze Zeit im Krankenhaus und starb.

Jiří Kaplan ist mehrfach in „OST-WEST. Europäische Perspektiven“ (OWEP) zu Wort gekommen. Die Sätze aus einem Interview für OWEP, die Antwort gaben auf die Frage nach seiner Haft, sprechen für sich und für einen, der sich des Risikos seines Glaubens bewusst war:

Ich war oft allein in meiner Zelle. Nach und nach habe ich mir aus der Erinnerung einen kleinen Kosmos von Gebeten geschaffen, die mir Halt und Vertrauen gegeben haben. Das waren zum Beispiel das Credo, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, das Ave Maria, auch ein paar lateinische Gebete, die ich auswendig kannte. Hunderte Mal am Tag und in der Nacht habe ich diese Gebete gesprochen. Das hat mich nach und nach ruhig, ja gelassen gemacht in meiner Isolation. Ich habe auf Gott vertraut. Ich wusste, dass es eine andere Macht gibt als die Macht der Menschen. Viel nachgedacht habe ich nicht. Ich habe mehr gebetet. Einige Mitgefangene, die ich nach und nach kennen lernte, die ich zum Teil schon von früher kannte, waren mir auch eine Stütze.

Michael Albus