Der Einsatz der Caritas für Migranten in Slowenien 2015/2016

(Bericht)

Danilo Jesenik Jelenc ist Koordinator für Migrationshilfe bei der Caritas Slowenien. Er stellte auch die beiden Fotos zur Verfügung.

Zusammenfassung

Obwohl Slowenien nicht am Hauptstrang der „Balkanroute“ liegt, durchquerten zwischen Spätsommer 2015 und Frühjahr 2016 fast eine halbe Million Flüchtlinge das Land auf dem Weg nach West- und Nordeuropa. Der folgende Bericht blickt auf das Engagement der Caritas und ihrer vielen freiwilligen Helfer aus dem In- und Ausland zurück, zeigt aber auch, wie sehr sich das „offizielle“ Slowenien mit den Flüchtlingen schwer tut.

Im April 2015, also noch vor dem großen Ansturm von Flüchtlingen, begann die Caritas Slowenien mit ihren Bemühungen für eine faire Behandlung dieser Menschen, wozu auch Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen und Hetze zählten. In enger Zusammenarbeit mit den sechs lokalen Diözesancaritasstellen spielte das Nationalbüro der Caritas ein humanitäres Response-Szenario durch, das durch praktische Integrationsmaßnahmen unterstützt werden sollte. Beide Konzepte wurden im Mai 2015 von der Slowenischen Bischofskonferenz genehmigt. Als dann von Mitte September 2015 bis Mitte März 2016 ca. 490.000 Flüchtlinge und Migranten das Land passierten, konnte die Caritas sofort handeln und die Ernährungs-, Hygiene- und Unterkunftsbedingungen in 17 Transitzentren für Flüchtlinge verbessern.

Dank internationaler Sachspenden des Deutschen Caritasverbandes, der Caritas Österreich und des American Catholic Relief Services – es handelte sich u. a. um Betten, Bettwäsche, Schlafsäcke und Matratzen – konnten die Unterkünfte gleich zu Beginn angemessen ausgestattet werden; unerlässlich war dabei auch die Hilfe seitens des slowenischen Zivilschutzes. Slowenische Firmen spendeten Lebensmittel, Hygieneartikel und Schuhe. Zudem erhielt die Caritas finanzielle Unterstützung aus England, der Slowakei und der Tschechischen Republik.

Zu Beginn der ersten Flüchtlingswelle stellte die Caritas Slowenien sofort einen nationalen Koordinator für die Flüchtlingshilfe ein. Zum Höhepunkt der Krise unterstützten uns sogar täglich 190 Freiwillige an allen Standorten. In einigen Zentren waren wir schichtweise den ganzen Tag vor Ort, in anderen 8 bis 10 Stunden täglich. Insgesamt arbeiteten 880 Freiwillige aus Slowenien und 250 aus anderen Mitgliedsländern des Caritas-Netzwerks (hauptsächlich aus Deutschland, Tschechien und Ungarn), die im Ganzen ca. 27.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden zur Verfügung stellten. Über ihre regulären Verpflichtungen hinaus trugen zudem 10 bis 15 unserer festangestellten Mitarbeiter zur Flüchtlingshilfe bei. Wir stellten vorübergehend weitere neun von der Caritas Deutschland bezahlte Mitarbeiter ein, die sich um die Koordination der Freiwilligen, der Logistik und der Kooperation mit dem internationalen Caritas-Netzwerk und anderen Organisationen für humanitäre Hilfe kümmerten. In Dobova gab es für 38 Tage außerdem ein zehnköpfiges Team zur medizinischen Versorgung, das die Caritas Ungarn zur Verfügung stellte.

Den Freiwilligen der Caritas kam eine zentrale Rolle zu: Sie sprangen nicht ab, als wir sie am dringendsten brauchten, beispielsweise als täglich 5.000 bis 12.000 Migranten ins Land kamen. Nach drei Monaten intensiver Arbeit waren allerdings viele erschöpft, was zu erheblichen Ausfällen führte.

Als einer von vielen Experten, die sich ein Bild von der Lage vor Ort machen wollten, besuchte Pietro Kardinal Parolin das Aufnahmezentrum für Flüchtlinge in Dobova an der Grenze zu Kroatien. Er traf sich mit unseren Freiwilligen, lobte unseren Solidaritätssinn gegenüber den Migranten und forderte eine menschenwürdige Lösung der Flüchtlingskrise. Die Lebensgeschichten der Flüchtlinge hinterlassen immer auch Spuren in den Herzen der Helfer.

Seit März 2016 – nach Abschluss des Abkommens zwischen der EU und der Türkei und der Schließung der Balkanroute – gab es in Slowenien etwa 1.200 registrierte illegale Einwanderungen von Flüchtlingen bzw. Migranten. Sie wurden von der Polizei abgefangen und hauptsächlich nach Kroatien abgeschoben. Die Verpflichtungen in Bezug auf die Länderquoten der EU, das heißt das Programm zur Neuverteilung von Migranten, das für Slowenien die Aufnahme von 567 Menschen aus Italien und Griechenland umfasst, werden planmäßig umgesetzt, wobei allerdings bisher nur 124 Personen von Slowenien übernommen wurden. Das Umsiedlungsprogramm für 60 Personen aus Drittländern hat noch nicht begonnen.

Vier Lager zur Unterbringung stehen für einen möglichen neuen Massenansturm bereit; laut offiziellen Angaben ist ein solcher Fall jedoch eher unwahrscheinlich. Das Innenministerium betreibt an drei Standorten Asylzentren und Integrationshäuser, in denen Menschen Schutz finden, denen ein Bleiberecht zugesprochen wurde. Sie können sich dort in der Regel etwa drei Monate aufhalten und müssen sich anschließend selbst um eine Unterkunft kümmern, wobei sie in der Regel durch NGOs unterstützt werden. Das Innenministerium ist bestrebt, private und staatliche Wohnungen zur Verfügung zu stellen, was bei der einheimischen Bevölkerung allerdings auf scharfe Kritik stößt.

Im Dezember 2016 eröffnete die Caritas zwei Integrationshäuser (darunter die landesweit erste private Einrichtung ihrer Art), in denen derzeit eine Familie und drei Einzelpersonen untergebracht sind. Wir sind auch geringfügig in die Lobbyarbeit eingebunden und veröffentlichen zusammen mit NGOs Pressemeldungen, geben Interviews in den Medien und erstellen Lernmaterialien für Schulen, um die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren.

Im Jahr 2016 stellten 1.308 Menschen – meist Syrer, Afghanen und Iraker – einen Asylantrag, jedoch nur bei 170 Personen kam es zur Anerkennung. Die Asylverfahren dauerte ziemlich lange, was teilweise an den begrenzten Kapazitäten der Behörden bei der Bearbeitung der Anträge lag.

Im Januar 2017 verabschiedete das Parlament in Ljubljana einige Zusätze zum Ausländergesetz, die es den Behörden bei Eintreten von außergewöhnlichen Umständen (Bedrohung von Recht und Ordnung oder der inneren Sicherheit des Landes) ermöglichen sollen, ein vorläufiges System von Grenzkontrollen einzurichten und spezielle Maßnahmen anzuwenden, um den Menschen die Einreise an den Grenzen zu verwehren. Migranten und Flüchtlinge, die unrechtmäßig und ohne Visumsansprüche in Slowenien einreisen, oder jene, bei denen ein Risiko, nach ihrer Rückführung Folter oder Verfolgung ausgesetzt zu sein, nicht besteht, würden nach dieser Regelung automatisch abgeschoben werden. Während der Zaun an der kroatischen Grenze inzwischen wieder aufgebaut wird, behaupten sowohl die Regierung als auch das Innenministerium, dass Slowenien die Wiederholung einer solchen Massenmigration, wie man sie im Jahr 2015 erlebt hat, nicht zulassen könne, und unterstreichen, unser Land werde zwar helfen, solange entsprechende Kapazitäten zur Verfügung stünden, danach aber andere Maßnahmen ergreifen. Nationale und internationale Asyl- und Migrationsexperten und NGOs sind sich einig, dass die genannten Zusätze einen Verstoß gegen die Europäische Konvention für Menschenrechte (1950), die Genfer Flüchtlingskonvention (1951) und die EU-Asylgesetzgebung darstellen.

Einige Diözesancaritasstellen des Großraums Alpe-Adria tauschen sich seither regelmäßig zum Thema „Hilfe für Flüchtlinge“ aus. Hoffentlich wird dies zu einer langfristigen Zusammenarbeit führen. Unterdessen sammelt die Caritas Slowenien weiter Geld für bedürftige Menschen in Syrien. Wir würden gerne auch in ihren Herzen eine Spur hinterlassen.

Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Hartl.