Links- und Rechtspopulisten in Griechenland: eine nur auf den ersten Blick befremdliche Koalition

aus OWEP 3/2017  •  von Heinz-Jürgen Axt

Prof. em. Dr. Heinz-Jürgen Axt war von 1995 bis 2012 Lehrstuhlinhaber für Europapolitik und europäische Integration an der Universität Duisburg-Essen. Zu seinen Forschungsgebieten gehören die EU-Integration und Südosteuropa (Schwerpunkte: Griechenland, Zypern, Türkei). Seit 2011 lehrt er als Gastprofessor an der Universität des Saarlandes im MBA-Programm European Management.

Zusammenfassung

Griechenland hat seit dem 25. Januar 2015 eine Koalitionsregierung, die von zwei populistischen Parteien gebildet wird: die eine aus dem linken und die andere aus dem rechten politischen Lager. Ideologische Differenzen spielen keine besondere Rolle, denn bei Populisten herrscht sowieso eine „dünne Programmatik“ vor. Das ist nicht nur in Griechenland, sondern in zunehmendem Maße europaweit zu beobachten. Das Streben nach Macht und der Bedienung der eigenen Parteiklientel steht für die Koalitionspartner obenan.

Griechenland hat in jüngerer Vergangenheit insbesondere bei drei Themen das Interesse der europäischen Öffentlichkeit gefunden: erstens bei der Schulden- und Wirtschaftskrise, die bislang drei Hilfsprogramme der Europartner notwendig gemacht hat und deren unpopuläre finanzielle Konsolidierungs- und Reformauflagen die Athener Regierung letztlich zwar akzeptiert, sich aber nie zu eigen gemacht hat. Anders als die übrigen Krisenstaaten Irland, Portugal und Spanien ist Griechenland weiterhin auf Finanzhilfen angewiesen. Zweitens hat die Flüchtlings- und Migrationswelle, die im Herbst 2015 ihren vorläufigen Höhepunkt fand, Griechenland in besonderer Weise belastet. Migranten, die von der Türkei aus über die Ägäis nach Griechenland kamen, setzten zwar zumeist ihren Weg ins nördliche Europa fort, doch mit der Sperrung der „Balkanroute“ im März 2016 war Griechenland für Flüchtlinge nicht länger bloß ein Transit-, sondern ein Aufnahmeland. Erst mit dem Abkommen zwischen der EU und der Türkei wurde Griechenland entlastet. Drittens sorgte die Parlamentswahl vom 25. Januar 2015 für Aufsehen, ging doch die linkspopulistische Partei SYRIZA („Synaspismos Rizospastikis Aristeras“, Koalition der radikalen Linken) aus dieser Wahl als Sieger hervor. Im krisengeschüttelten Land hatte die Partei mit radikalen Parolen für Verunsicherung im Ausland gesorgt, was dadurch noch gesteigert wurde, dass SYRIZA ausgerechnet mit der als rechtspopulistisch einzuordnenden Partei ANEL („Anexartiti Ellines“, Unabhängige Griechen) eine Regierungskoalition einging. SYRIZA hatte 149 von 300 Mandaten im Parlament gewonnen, es fehlten mithin mindestens 2 Abgeordnete zur Regierungsmehrheit. Die Linkspopulisten fanden sie bei den Rechtspopulisten mit ihren 13 Abgeordneten.

Wenn Links- und Rechtspopulisten gemeinsam eine Regierung bilden, müsste man eigentlich mit permanenten ideologischen Streitereien rechnen. Doch das ist – typisch für Populisten – in Griechenland nicht der Fall. Beide Parteien haben ein schwaches programmatisches Profil. Der Wunsch zum Machterwerb war ein treibendes Motiv bei der Koalitionsbildung. Noch wichtiger war indessen ein anderer Sachverhalt: Üblicherweise werden Wähler in Griechenland nicht durch Programme, sondern durch Personen und klientelistische Netzwerke an Parteien gebunden. Politik ist weitgehend ein Tauschgeschäft: Statt abstrakten Interessen stehen persönliche Beziehungen im Vordergrund. Parteien gewähren ihren Anhängern Vergünstigungen, im Griechischen „Rousfetia“. Bewährte Mittel sind die Beschaffung von Arbeitsstellen im öffentlichen Dienst, in den staatlichen Betrieben und auch in den Streitkräften. Wie jedes Tauschgeschäft muss freilich auch der Bürger im Klientelismus seine Leistung erbringen, in demokratischen Systemen ist dies vorrangig die Stimmabgabe bei Wahlen. Die nach Überwindung der Obristendiktatur 1974 gegründeten Parteien Neue Demokratie („Nea Dimokratia“, ND) und Panhellenische Sozialistische Partei („Panellinio Sosialistiko Kinima“, PASOK), die jahrzehntelang das politische Leben geprägt haben, entsprechen dem Muster der Klientelparteien. Während es bei ANEL, die sich von der konservativen Neuen Demokratie abgespalten hatte, darum ging, die von der ND übernommene Klientel durch Beteiligung an der Regierungsmacht zufriedenzustellen, bot sich SYRIZA als relativ junger Partei die Chance, ein eigenes klientelistisches Netzwerk aufzubauen.

Haltung zur europäischen Integration und politische Lager

Im griechischen Parlament haben Parteien, die der EU kritisch bis ablehnend gegenüberstehen, eine deutliche Mehrheit.1 197 von 300 Abgeordneten distanzieren sich von der EU mehr oder weniger stark. Am extremen politischen Rand mit antieuropäischem Profil finden sich die drittstärkste Partei Goldene Morgenröte („Chrysi Avgy“, XA) mit 7 Prozent und 18 Abgeordneten (jeweils Wahl vom 20. September 2015) und die Kommunistische Partei („Kommounistikó Kómma Elládas“, KKE) mit 5,6 Prozent und 15 Parlamentariern. Dem populistischen und euroskeptischen Lager zuzurechnen sind SYRIZA mit 35,5 Prozent und 145 Abgeordneten und ANEL mit 3,7 Prozent und 10 Parlamentariern. Dem proeuropäischen Lager zuzurechnen sind die Neue Demokratie mit 28,1 Prozent und 75 Abgeordneten, die Wahlgemeinschaft von PASOK und DIMAR („Dimokratiki Aristera“, Demokratische Linke) mit einem gemeinsamen Stimmenanteil von 6,3 Prozent und insgesamt 17 Abgeordneten sowie „To Potami“ (Der Fluss) mit 4,1 Prozent und 11 Abgeordneten. Der Ausbruch der Schuldenkrise im Oktober 2009 schwächte die beiden bislang dominierenden Parteien ND und PASOK, ihre Anteile fielen bei der Wahl 2012 drastisch (siehe Abbildung). Anders als die PASOK erholte sich die ND anschließend wieder. SYRIZA kann als „Gewinner der Krise“ betrachtet werden. Von 4,6 Prozent im Jahr 2009 verbesserte sich die Partei 2012 auf 16,8 Prozent. Im Januar 2015 waren es dann 36,3 Prozent. Auch ANEL als Koalitionspartner von SYRIZA ist ein Produkt der Krise. 2012 trat die Partei erstmalig zur Wahl an. Das Wahlergebnis von 2012 mit 10,6 Prozent konnte die Partei aber nicht halten, im September 2015 waren es bloß noch 3,7 Prozent. SYRIZA und ANEL wandten sich im Wahlkampf scharf gegen die mit den Gläubigern in den Memoranden vereinbarten Konsolidierungs- und Reformauflagen, um diese dann freilich als Regierungsparteien akzeptieren zu müssen, weil Griechenlands Finanznot sie dazu zwang.

Quelle: Parties and Elections in Europe (http://www.parties-and-elections.eu/); abgerufen am 4. Mai 2017.

Populismus – mehr als ein politisches Schlagwort

Damit Populismus nicht zum Kampfbegriff in der politischen Auseinandersetzung verkommt, bedarf er der begrifflichen Schärfung. Es sollen deshalb folgende Wesensmerkmale herangezogen werden: Populismus stellt eine Strategie zum Machterwerb dar. Er verfügt über ein ideologisches Minimum, mit dem der Antagonismus zwischen Volk und Elite konstruiert wird.2 Populisten nehmen in Anspruch, Repräsentanten des Volkes zu sein. Dazu kommt die Antihaltung gegenüber dem „Establishment“, dem Pluralismus, dem Individualismus, der Globalisierung und dem freien Markt. Die Haltung gegenüber der EU, der Europäischen Währungsunion, der Einwanderung und dem Islam ist distanziert. Eine aktive Rolle des Staates wird befürwortet, der Nationalismus ebenso. Aus der distanzierten Haltung gegenüber Globalisierung und Europäisierung folgt eine Nähe zu Russland. „Einfache Lösungen“ werden präferiert.

Die linkspopulistische SYRIZA als Produkt der Krise

Ohne die im Herbst 2009 ausgebrochene Krise hätte SYRIZA keine Chance gehabt, zur stärksten politischen Kraft aufzusteigen.3 Als die Partei im Januar 2015 die Regierung übernahm, war sie darauf nicht wirklich vorbereitet und hatte kein Konzept zum Regieren. In der Parlamentsfraktion bildeten sich zwei maßgebliche Tendenzen heraus: eine eher populistisch-sozialdemokratisierende und eine kommunistisch-traditionalistische Richtung. Mit den Wahlen vom September 2015 konnte sich die erste Richtung durchsetzen. SYRIZA ist als Parteineugründung erst 2012 aus dem Parteibündnis Synaspismos („Synaspismos tis aristeras ton kinimaton ke tis ikologias“, Koalition der Linken, der Bewegungen und der Ökologie) hervorgegangen, dessen Konstituierung 1989 erfolgte. Die im Bündnis ebenfalls vertretenen dogmatischen Kommunisten der KKE traten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion aus der Koalition aus, während die Eurokommunisten dort weiter mit sozialistischen, ökologischen, trotzkistischen und maoistischen Gruppen zusammenarbeiteten. In der Parteimitgliedschaft sind Akademiker und Beschäftigte im öffentlichen Dienst überrepräsentiert. Antikapitalismus, Globalisierungskritik, Antiamerikanismus und Euroskeptizismus haben die SYRIZA-Strategie von Anfang an geprägt.

Bei SYRIZA trifft zu, was als Kennzeichen des Populismus gilt: Strategie zum Machterwerb zu sein. Anhänger wurden mobilisiert, indem das „Establishment“ von PASOK und Neue Demokratie für die Krise mit ihren ökonomischen und sozialen Verwerfungen verantwortlich gemacht wurde. Soweit sich SYRIZA programmatisch geäußert hat, wurden einfache und radikale Lösungen offeriert. Zwar lehnt SYRIZA die EU nicht grundsätzlich ab, aber wenn es um Verpflichtungen geht, glaubt man, diese ignorieren zu können wie z. B. die Grenzen maximaler Verschuldung im Währungsraum. Den Europartnern bleibe sowieso nichts anderes übrig, als dem verschuldeten Griechenland beizustehen, damit die Eurozone nicht in sich zusammenbricht. Dass mit Kreditzusagen Auflagen einhergehen, wird brüsk zurückgewiesen. Nationalistische Stimmungen werden bedient durch eine scharfe Frontstellung gegenüber Deutschland. Besonders die Bundeskanzlerin und der deutsche Finanzminister wurden von SYRIZA als „Zuchtmeister“ gebrandmarkt und mit dem Nazismus in Verbindung gebracht. Weitreichend waren die Wahlversprechen, was die Lebensbedingungen der Griechen anging. Öffentliche Investitionen sollten massiv steigen, Gehälter und Renten angehoben werden, Beschäftigung zunehmen und der Sozialstaat gestärkt werden.

Zur Außenpolitik hat sich SYRIZA vor der Regierungsübernahme kaum geäußert. Lediglich einige traditionelle Kernbestände der griechischen Linken hatte man im Angebot wie Austritt aus der NATO, Schließung ausländischer Militärbasen, Einstellung der Zusammenarbeit mit Israel und Beendigung griechischer Beteiligung an Missionen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) in Afghanistan und auf dem Balkan. Gegenüber der Türkei wollte man immerhin die Beziehungen stabilisieren, beim Namensstreit mit dem Nachbarstaat Makedonien konzessionsbereiter auftreten und der türkischsprachigen Minderheit in Nordgriechenland entgegenkommen. Russland wird als potenzieller Bündnispartner gesehen, der Griechenland auch mit Krediten aushelfen kann. Zur Annexion der Krim durch Russland fiel kein kritisches Wort.

Den starken Worten hat die SYRIZA-geführte Regierung nicht ebensolche Taten folgen lassen können. Weder wurden die Memoranden ad acta gelegt, noch konnten die sozialpolitischen Verheißungen umgesetzt werden. An der Zugehörigkeit zur EU wurde zwar nicht gerüttelt, doch den Kreditauflagen der Europartner unterwarf man sich nur widerwillig und häufig genug erst in allerletzter Minute, wenn leere Kassen dazu zwangen. Ankündigungen einer Annäherung an Russland blieben freilich folgenlos. Die Regierung bat die Europartner um immer neue Kredite und verunglimpfte sie gleichzeitig harsch auf den Straßen. Einen Widerspruch kann SYRIZA dabei bislang aushalten: sich einerseits als Repräsentant des (leidenden) Volkes zu präsentieren, andererseits aber wenig dazu beizutragen, dass Griechenland ökonomisch gesundet und notwendige Reformen durchgesetzt werden. Angesichts der wenig erfolgreichen Umsetzung von Wahlversprechen gewinnt der Klientelismus an Bedeutung, um Wähler zu binden. Besonders im Öffentlichen Dienst kann es nur von Vorteil sein, zu SYRIZA zu stehen. Entsprechend wurden Führungspositionen „linientreu“ vergeben. Beispielhaft war die Unterstützung SYRIZAS für die 595 Putzfrauen, die 2015 monatelang eine Mahnwache vor dem Finanzministerium abhielten, um gegen ihre Entlassung zu protestieren und ihre Wiedereinstellung zu erzwingen.

ANEL – die rechte Variante des Populismus

Das herausstechende Merkmal von ANEL ist die „dünne Ideologie“, wie sie von Forschern als Kennzeichen von Populismus benannt wird. ANEL, vom Ursprung her konservativ, ist ein Konglomerat mit dem Ziel, an Macht und Ressourcen beteiligt zu werden. Die Partei wurde am 24. Februar 2012 von Panagiotis Kammenos gegründet. Zehn frühere Abgeordnete der Neuen Demokratie waren die Gründungsmitglieder. Kammenos war aus der Neuen Demokratie ausgeschlossen worden, weil er gegen die Kreditvereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds und den Europartnern gestimmt hatte. ANEL stellte seine Gründungserklärung am 11. März 2012 im Dorf Distomo vor, wo 1944 die deutsche Waffen-SS ein Massaker verübt hatte. So wie SYRIZA appelliert ANEL an antideutsche Ressentiments. Reparationszahlungen von Deutschland verlangt auch Kammenos. Die Ablehnung der Euro-Rettungspolitik kombiniert ANEL mit Nationalismus, Militarismus, Islamfeindlichkeit und Xenophobie. Gegenüber dem Nachbarstaat Makedonien ist ANEL ebenso unversöhnlich wie gegenüber der Türkei. Zu Russland und Serbien sind versöhnliche Töne zu vernehmen, handelt es sich doch hier laut Kammenos um orthodoxe Brüder. Die Bindung an die Kirche ist für ANEL von Bedeutung.

Die Koalition mit SYRIZA hat das politische Gewicht von ANEL geschwächt. 2012 konnte sich ANEL noch als konservative Kraft gegen die Regierung der Neuen Demokratie profilieren, die um finanzielle Unterstützung bei den EU-Partnern nachsuchte. Dieser Vorteil im Parteienwettbewerb verlor an Gewicht, als man sich mit SYRIZA zusammentat. Im September 2015 hatte die Partei erneut Wahlverluste hinzunehmen.

Die Memoranden, die Griechenland mit den Gläubigern unterzeichnet hatte, wurden von ANEL als illegal gebrandmarkt. Die Politiker, die diese Vereinbarungen unterzeichnet hatten, sollten ihre Immunität verlieren und vor Gericht gestellt werden. Dasselbe sollte für alle Verantwortlichen in der Verwaltung gelten. Hier taucht ein für Populisten typisches Argumentationsmuster auf: Führende Politiker werden persönlich für Krisen verantwortlich gemacht. Die politische Elite ist für Krisen verantwortlich, nicht komplexere ökonomisch-politische Konstellationen. Wenn es um die EU geht, dann wird Solidarität postuliert – aber als Einbahnstraße. Die Partner sind verpflichtet, Griechenland beizustehen, und sollen die in Griechenland entstandenen Schulden schlicht abschreiben. Griechenland selbst hat dagegen keine Verantwortung für die Krise zu übernehmen und muss sich auch nicht auf Rückzahlung der Schulden verpflichten. Neben der heimischen Elite werden internationale Spekulanten als Urheber der Krise in Griechenland ausgemacht. Verschwörungstheorien haben Konjunktur.

ANEL bedient nationalistische Vorbehalte. Die Vorstellung, dass Griechenland ein multikulturelles Land werden könnte, trifft auf scharfe Ablehnung. Einwanderung gilt es zu reduzieren, die kulturelle Homogenität zu erhalten. Wenn es um Multikulturalismus geht, wird bei Neuer Demokratie, ANEL und Goldener Morgenröte die gemeinsame Ablehnung deutlich.

Was die Populisten eint

Dass die ideologisch heterogene Regierungskoalition aus SYRIZA und ANEL bislang hält, hat zwei Gründe: Erstens haben Populisten eine „dünne Ideologie“. Bei ANEL ist das noch mehr der Fall als bei SYRIZA. ANEL will Ämter und Ressourcen erobern, um die eigene Klientel zu halten. Und SYRIZA ist dabei, eine solche aufzubauen. Zweitens ist ANEL für SYRIZA ein relativ einfach zu handhabender Koalitionspartner. Aufgrund des schwachen Abschneidens bei Wahlen können die rechten Populisten nicht allzu viele Forderungen stellen. SYRIZA könnte je nach aktuellem Problem möglicherweise auch mit wechselnden Mehrheiten operieren und hat dies verschiedentlich getan wie z. B. bei der Einbürgerung von Migranten, wo SYRIZA sich wegen der ablehnenden Haltung von ANEL die Unterstützung bei den Oppositionsparteien holte. Dass SYRIZA seit Regierungsantritt 2015 moderater geworden ist, liegt vor allem daran, dass die Partei „entzaubert“ worden ist und offenkundig wurde, dass ihre weitreichenden Wahlversprechen nicht einzuhalten waren. Unterstützung findet SYRIZA bis heute bei den Gewerkschaften, auch wenn diese die sozialen Einschnitte kritisieren. Die anfängliche Euphorie und die hohen Erwartungen der Wähler an die SYRIZA-ANEL-Regierung sind geschwunden. Resignation macht sich unter den Griechen breit. Unter den Parteien kann daraus bislang nur die Neue Demokratie Gewinn ziehen, denn sie hat bei Wahlumfragen zugelegt und SYRIZA überholt. Doch noch bleibt ihr das Stigma, die Krise zumindest mit verursacht zu haben. Auch sieht sich die Führung dieser Partei nicht in der Verantwortung, die Regierung bei den mit den Gläubigern getroffenen Vereinbarungen öffentlich zu unterstützen. Auch wenn der Populismus an Einfluss verloren hat, so muss man auf eine überzeugende Alternative noch warten. Und diese Zeit hat Griechenland eigentlich nicht.


Fußnoten:


  1. Zum Wechselverhältnis von extremistischen und populistischen Parteien vgl. ausführlicher Heinz-Jürgen Axt: Populismus und Europaskeptizismus in Griechenland: links und rechts geeint (abzurufen unter: Trulies. The Truth about Lies on Europe. April 2017: http://trulies-europe.de/wp-content/uploads/sites/3/2017/04/Populismus-und-Euroskeptizismus-in-Griechenland.pdf; letzter Zugriff: 09.11.2020). ↩︎

  2. Vgl. Cas Mudde: The Populist Zeitgeist. In: Government and Opposition 39 (2004), Nr. 4, S. 541-563, hier S. 543. ↩︎

  3. Zum Folgenden vgl. ausführlich Heinz-Jürgen Axt: Griechenlands neue Regierung: Wahlversprechen und Realpolitik. In: Integration 38 (2015), H. 2, S. 103-128. ↩︎