1967: Jubiläum „50 Jahre Oktoberrevolution“

aus OWEP 4/2017  •  von Xenia Baljakin

Xenia Baljakin: Studentin der Lateinischen Philologie und Katholischen Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Die Oktoberrevolution 1917 war eines der bedeutendsten Ereignisse der russischen Geschichte, und als Geburtsstunde des Sowjetstaates wurde sie zum 50. Jahrestag im November für fünf Tage gefeiert.

Das gesamte Jubiläumsjahr stand im Zeichen dieses Ereignisses: Zahlreiche Bücher und Broschüren wurden herausgegeben; Filme, Theaterstücke und Opern dazu wurden geschrieben und produziert; Städte und Dörfer wurden verschönert, Bäume gepflanzt und Parks angelegt; Denkmäler und Grabstätten der Revolutionäre erfuhren besondere Aufmerksamkeit und Pflege. Während der Jubiläumsfeierlichkeiten in der Vorweihnachtszeit bot sich vor allem in Moskau ein wohl prächtiger Anblick: Nach Anbruch der Dunkelheit schwebte über den Köpfen der Menschen ein von Scheinwerfern beleuchtetes Lenintuch, die Türme des Kreml leuchteten in Weiß, und bunte Lampengirlanden reichten bis an den Stadtrand. Tagungen und Konferenzen fanden statt, Treffen mit Veteranen der Revolution und des Bürgerkrieg sowie organisierte Ausflüge zu den Gedenkstätten. Äußerlich wie inhaltlich stand alles ganz im Zeichen des Sowjetpatriotismus, und es gab es keinen, der nicht in irgendeiner Weise davon erfasst werden sollte.

Dem Jubiläum wurde seitens der Breschnew-Regierung ein ideologischer Anstrich verpasst, der gerade im Westen kritisch aufgenommen wurde. Ein Papier mit den Zentralkomitee-Thesen, das etwa 50 Seiten umfasste und auf der Plenartagung Ende Juni veröffentlicht wurde, verklärte die Stalin-Ära und relativierte dessen Verbrechen sowohl an der Partei als auch der Bevölkerung, während die Entstalinisierung unter Chruschtschow und seine Reformbestrebungen gänzlich verschwiegen wurden, nachdem dieser drei Jahre zuvor gestürzt und kaltgestellt worden war. Gegenüber Chruschtschows Bemühungen um eine ehrlichere und offenere Reflexion der sowjetischen Geschichte wurde dieser Kurs als Rückschritt gesehen, und es wurde eine Verhärtung der innen- sowie außenpolitischen Linie prophezeit, die sich zumindest in Teilen bestätigen sollte.