1980: Olympische Sommerspiele in Moskau

aus OWEP 4/2017  •  von Anna Ott

Anna Ott: Studentin der Katholischen Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Schon bei der Festlegung des Austragungsortes für die Sommerspiele 1980 waren in den USA Stimmen laut geworden, die eine mögliche Vergabe nach Moskau an Bedingungen zu knüpfen versuchten. Ein Boykott schien ein geeignetes Mittel, um den reibungslosen Ablauf der Spiele zu verhindern und der UdSSR auch ökonomisch zu schaden. Letztlich war es dann der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan, der US-Präsident Carter veranlasste, neben verschiedenen Embargos auch mit einem Boykott der Olympischen Spiele zu drohen.

Da das Internationale Olympische Komitee die Spiele nicht verlegen, verschieben oder entfallen lassen wollte und auch die Truppen nicht aus Afghanistan abgezogen wurden, rief Carter die Verbündeten der USA dazu auf, sich an einem Boykott zu beteiligen. Viele westliche Regierungen wollten den Boykott unterstützen, allerdings stimmten die jeweiligen Nationalen Olympischen Komitees in vielen Fällen gegen einen strikten Boykott und verständigten sich auf differenziertere Proteste während der Spiele. So marschierten bei der Eröffnung der Spiele am 19. Juli einige Nationen ohne Flagge, ohne die Mannschaft oder auch mit neuen Namensschildern in das Zentrale Leninstadion ein. In der Ehrenloge ließ sich Leonid Breschnew, damaliger Parteichef der KPdSU, nichts anmerken und begrüßte den Einmarsch der afghanischen Sportler besonders euphorisch. Die USA, die Bundesrepublik Deutschland und viele islamische Staaten waren nicht angereist.

Obwohl nur 81 der Staaten an den Wettkämpfen teilnahmen, war das sportliche Niveau beachtlich. So wurden insgesamt 55 neue Weltrekorde aufgestellt. Auch bemühte sich die kommunistische Partei während der Spiele umfassend, einen guten Eindruck zu hinterlassen. So wurden nicht nur die Fleischerläden plötzlich mit reichlich Ware in guter Qualität ausgestattet, sondern man gewährte zeitweise sogar eine gewisse Religionsfreiheit, versorgte die Kirchen in der Stadt mit Blumen und stellte den Sportlern im Olympischen Dorf verschiedene Gotteshäuser zur Verfügung.