Greta Thunberg – Die Klimaaktivistin als Heldin neuen Typs

aus OWEP 3/2020  •  von Gemma Pörzgen

Gemma Pörzgen ist freie Journalistin mit Osteuropa-Schwerpunkt. Sie arbeitet in Berlin als Autorin und Veranstaltungsmoderatorin sowie in der Redaktion von Deutschlandfunk Kultur. Seit April 2020 ist sie Chefredakteurin von OST-WEST. Europäische Perspektiven.

Zusammenfassung

Um heute zum Helden oder zur Heldin zu werden, ist der richtige Umgang mit den Mechanismen der Medienwelt unerlässlich. Greta Thunbergs Aufstieg vom Teenager im Schulstreik zur Leitfigur der weltweiten Klimabewegung „Fridays for Future“ ist allerdings nicht allein mit der richtigen Öffentlichkeitsarbeit zu erklären.

Eine der erstaunlichsten Heldenfiguren des 21. Jahrhunderts ist wohl die schwedische Schülerin Greta Thunberg. Ihr Aufstieg von einem unbekannten 15jährigen Mädchen zur Ikone der internationalen Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ zeigt, welche Faktoren heute dazu beitragen, neue Heldengeschichten zu schaffen. „Es ist ein sehr spannendes Phänomen, wieso Menschen bestimmten Themen ihr Gesicht geben und ihre Reise durch die Medien erfolgreich ist“, sagt dazu der Medienexperte Alexander Sängerlaub von der Denkfabrik „Stiftung Neue Verantwortung“ in Berlin.1

Auf den ersten Blick überrascht Gretas schnelle Karriere in weniger als einem Jahr. Aber schaut man sich im Rückblick die einzelnen Schritte dieses Werdegangs an, wird deutlich, wie stark mediale Einflüsse diesen mit befördert haben.

Im August 2018 setzt sich ein damals unbekanntes Mädchen vor den schwedischen Reichstag, alleine mit einem Schild, auf dem steht: „Schulstreik für das Klima“. Mit dieser Aktion wollte Greta vor allem erreichen, dass Schweden das Klimaabkommen von Paris erfüllt. Die schlichte Botschaft fiel offenbar auf fruchtbaren Boden.

Noch am gleichen Tag veröffentlichte der schwedische Klimaaktivist Ingmar Rentzhog ein Foto der Einzelaktion auf Facebook und erzielte damit große Aufmerksamkeit. Der Medienprofi betreibt in Schweden eine einflussreiche Plattform und war bereits damals ein gut vernetzter Meinungsprofi. Rentzhog produziert auch ein Hochglanzvideo, in dem Greta Thunberg erstmals öffentlich zu Wort kommt und ihr Anliegen in einfachen Worten auf Englisch erläutert.

So entsteht das erfolgreiche Narrativ eines kleinen Mädchens, das scheinbar ganz allein für die Rettung der Welt kämpfen will. Nachdem zunächst schwedische Medien darüber berichten, greifen weltweit immer mehr Zeitungen, Fernsehsender und Radiostationen das Thema auf, das auch in den sozialen Medien große Aufmerksamkeit findet.

Der Anstoß für „Fridays for Future“

„Das David gegen Goliath-Prinzip hat natürlich eine Rolle gespielt“, sagt die Professorin für politische Kommunikationswissenschaft an der Universität Passau, Hannah Schmid-Petri, im Rückblick über dieses bekannte Muster medialen Erzählens.2 Dass Gretas Auftritt so viel Widerhall fand, habe aber an den vorhandenen Grundvoraussetzungen gelegen. So gab es schon seit Jahren eine aktive Umweltschutzbewegung, die den Klimawandel in die politische Debatte einbrachte. Hinzu kam der heiße trockene Sommer, der viele Menschen beschäftigte. Gerade unter jungen Leuten hätten diese Themen viele bereits bewegt. „Greta hat für eine Kanalisierung des Engagements gesorgt“, sagt Schmid-Petri über diese Initialzündung des Teenagers. Greta habe gerade jungen Leuten das Gefühl vermittelt, dass sich als Einzelner etwas bewirken lässt.

Schon im September 2018 folgten Schüler und Schülerinnen in verschiedenen europäischen Ländern Gretas Vorbild und begannen, immer freitags auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren. Das Thema „Schulstreik“ sorgte sehr schnell für eine Kontroverse über die Schulpflicht und eine Bestrafung von Schülern, wenn sie freitags nicht am Schulunterricht teilnahmen. Für Journalisten machte diese Normverletzung die Debatte zusätzlich interessant und zu einem sehr schnell polarisierenden Thema.

Die „Schulstreiks für das Klima“ werden sehr schnell zur globalen Bewegung „Fridays for Future“. Unter dem gleichnamigen Hashtag ist das Thema zeitweise scheinbar omnipräsent in den sozialen Medien.

Als weiteres Schlüsselmoment von Gretas Heldengeschichte gilt heute ihr Auftritt bei der UN-Klimakonferenz im polnischen Katowice im Dezember 2018. Sie hält eine Rede, die sich rasant über soziale Netzwerke und traditionelle Medien verbreitet. Es folgen immer mehr prominente Auftritte und Ehrungen der neuen Galionsfigur der Klimabewegung. Greta spricht bei der UN-Vollversammlung, im Europaparlament, trifft mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Papst Franziskus zusammen. Diese prominenten Auftritte verstärken die Medienberichterstattung und diese wiederum wieder Gretas Attraktivität, was für immer mehr prominente Einladungen sorgt.

Die medialen Mechanismen

Greta sei für die Medien eine ähnliche Ikone wie früher der indische Nationalheld Mahatma Gandhi oder der deutsche Studentenführer Rudi Dutschke, beschreibt Volker Lilienthal, Professor für Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg, die medialen Mechanismen dieser Phase. „Berichterstattung funktioniert immer über Personalisierung”, sagt Lilienthal in einem Interview. „Wenn in Personen gesellschaftlich virulente Themen gerinnen, wenn sie glaubwürdig verkörpert werden, attraktiv medienstark verkörpert werden, dann steigen Medien ein.“

Es sei ungewöhnlich, dass eine junge Frau eine so prominente Rolle in der Weltpolitik spiele. „Sie fällt auf. Und dann muss man ihr zweifelsohne auch attestieren, dass sie eine enorme Energie hat, dass sie sich auch widersetzt“, sagte der Journalistik-Professor. „All das ist neuartig, all das ist auffällig. Und damit ist sie natürlich hochattraktiv für journalistische Berichterstattung.“ Auch wenn Thunberg nicht jedes Detail über den Klimawandel wissen könne, werde sie „wie eine Expertin wahrgenommen“.

Allerdings sei diese Medienpräsenz kein Selbstläufer, sondern müsse immer neu mit Aktionen befeuert werden. „Es wird etwas brauchen, dass die Journalisten auch immer wieder drauf springen”, so Lilienthal. Die Aufmerksamkeit der schnelllebigen Medienbranche verlange „immer neuartige Aktionen“. Entweder in der Art und Weise oder in der Größe des Events.3

Heute folgen Greta mehr als vier Millionen Nutzer auf Twitter, und auch über Facebook erreicht sie rund drei Millionen Menschen mit ihren Botschaften direkt. Greta wurde inzwischen mit dem alternativen Nobelpreis geehrt und für den Friedensnobelpreis nominiert. Das Time Magazin kürte die Klimaaktivistin 2019 zur wichtigsten Persönlichkeit des Jahres und erklärte: „Greta Thunberg ist die überzeugendste Stimme zur wichtigsten Angelegenheit unseres Planeten geworden.“ Im Jahr davor war Bundeskanzlerin Merkel als wichtigste Persönlichkeit 2018 geehrt worden.

Die Auftritte von Greta Thunberg polarisieren

Mit dem Erfolg von Greta wächst auch die Zahl ihrer Gegner, die ihre Forderungen nach mehr Klimaschutz ablehnen. Die junge Frau polarisiert durch ihr kompromissloses Auftreten, sodass sich an ihr viele Geister scheiden. Es gibt Fans ebenso wie erbitterte Gegner. Für einige Leute ist Greta wohl die meistgehasste 16-jährige der Welt, und vor allem in rechtsgerichteten Kreisen und aus dem Umfeld der Leugner des Klimawandels kommen wütende Anfeindungen gegen die Aktivistin. Viele von ihnen unterstellen der Aktivistin, eine Marionette einflussreicher Strippenzieher zu sein, die in Wahrheit von einer PR-Maschinerie gesteuert werde. Darum ranken sich auch viele Verschwörungstheorien.

Doch das ist ein vereinfachtes Bild ihres Erfolgs. Zwar zeigen Recherchen zu ihrem familiären Hintergrund, dass Greta aus einem Elternhaus stammt, das ihre Aktivitäten nicht nur unterstützt, sondern auch erfolgreich mit zu vermarkten weiß. Etwa zeitgleich mit Gretas Schulstreik erschien in Schweden im August 2018 das Buch ihrer Mutter „Szenen aus dem Herzen“. Die Opernsängerin Malena Ernmann ist in Schweden sehr prominent, unter anderem, weil sie das Land 2009 beim Grand Prix Eurovision vertrat.

In diesem Buch, das zum Bestseller wurde, erzählt sie die Geschichte ihrer Familie und ausführlich von Gretas Erkrankung mit dem Asperger-Syndrom sowie von ihrem frühem Engagement für den Klimaschutz. Gretas Manager und Coach ist vor allem der Vater, Svante Thunberg. Der frühere Schauspieler kennt sich ebenfalls mit dem Erfolg öffentlicher Auftritte aus und versteht sich deshalb auf die mediale Inszenierung seiner Tochter. Er fährt Greta im Elektroauto beispielsweise nach Katowice zum Klimagipfel und begleitet sie bei ihrer spektakulären Fahrt mit dem Segelboot über den Atlantik bis nach New York.

„Da springt natürlich die Marketingmaschinerie mit an“, sagt Kommunikationswissenschaftler Sängerlaub. Denn „Greta“ gilt vielen inzwischen als international erfolgreiche Medienmarke, an deren Erfolg auch andere mitverdienen wollen. Allerdings zeigen Äußerungen von Greta immer wieder, dass sie sich gegen eine solche Einvernahme auch zu wehren versucht.

Ständiges Medienspektakel

Nach ihrer spektakulären Überfahrt nach New York und ihrer dortigen „Wutrede“ haben die kritischen Töne zugenommen, ob Greta nicht längst in einer künstlichen Parallelwelt von Konferenzen, Reden und Ehrungen lebe und den Kontakt zur realen Außenwelt verloren habe. „Prophet or puppet“, lautete eine Schlagzeile der „Washington Times“.

Auch aus Sicht des Kommunikationswissenschaftlers Alexander Sängerlaub trägt der „mediale Zirkus“ inzwischen teilweise übertriebene Züge. So sei beispielsweise der private Nachrichtensender „ntv“ als Teil ihres Teams mit auf dem Segelboot nach New York unterwegs gewesen und habe die Überfahrt mit einem „Live-Ticker“ wie bei einem medialen Großereignis begleitet. „Da ist das Medienbild oft stärker als die Sache“, kritisiert Sängerlaub.

Ohne Frage ist Greta vor allem in Deutschland besonders erfolgreich. Selbst in ihrer Heimat Schweden sei man im Vergleich zu Deutschland einigermaßen „cool“ mit dem Phänomen Thunberg umgegangen, urteilte beispielsweise der Skandinavien-Korrespondent Carsten Schmiester. Es werde eher erstaunt und etwas kritisch betrachtet, was die Aktivistin in anderen Ländern auslöse. Auch weil man fürchten müsse, „dass sich die Person von der eigentlichen Botschaft ablöst, dass sozusagen eine Greta mit allen möglichen Botschaften durch die Weltgeschichte schwebt.“ Solche Befürchtungen lägen nahe, da sie von Medien inzwischen zu allen möglichen Themen befragt werde. Sie laufe Gefahr, von den Medien als „Allheilsbotschafterin missbraucht“ zu werden“, so Schmiester.4

Der USA-Korrespondent Karl Doemens beschrieb den Besuch Gretas vor dem Weißen Haus in Washington, bei dem ihre Protestaktion vor allem von TV-Teams und Reportern zum Medienereignis hochgejubelt wurde – sehr stark vertreten waren die deutschen Medien. Dabei sei die kleine Klimademonstration von gerade einmal 50 Teilnehmern auf nur etwa 300 Personen angeschwollen. Aber mindestens drei Dutzend Kameras hätten den Ehrengast aus Schweden bei jedem Schritt verfolgt. Der Andrang der Medien sei so groß geraten, dass der Protestzug zunächst nicht in Gang gekommen sei, schildert Doemens. „Presse geh weg“, hätten die Demonstranten schließlich als Reaktion skandiert. „Die Schülerstreiks für das Klima sind in den USA bei weitem nicht so verbreitet wie in Deutschland oder Schweden“, schreibt Doemens. Die „Fridays for Future“-Bewegung habe in den USA bei Twitter nur rund 5.000 Follower, also halb so viele wie in Berlin.5

Auf dem deutschen Buchmarkt gibt es heute unzählige Greta-Veröffentlichungen. So kam 2019 im Fischer-Verlag die deutsche Übersetzung des Buchs „Szenen aus dem Herzen“ heraus. Auf dem schwedischen Original „Scener ur Hjärtat“ war eigentlich nicht Greta auf dem Titelbild zu sehen, sondern deren Mutter, die eigentliche Autorin. In Deutschland wurde das Werk dagegen mit Greta auf dem Cover vermarktet und ihr Name stand auch vorne in der Autorenzeile. Dank des Medienrummels um Gretas Person schaffte das Buch es direkt nach seinem Erscheinen auf Platz 2 der „Spiegel-Bestsellerliste“ für Sachbücher, obwohl die Kritiken eigentlich sehr mäßig ausfielen. Für alle Fans der Aktivistin schob der Fischer-Verlag sehr bald den Band „Ich will, dass Ihr in Panik geratet“ nach mit Reden von Greta.

Der Medienexperte Alexander Sängerlaub von der Denkfabrik „Stiftung Neue Verantwortung“ warnt davor, solche Einzelfaktoren über zu bewerten. „Viralität im Internet, also schnelle Informationsweitergabe, ist nicht steuerbar“, sagt er. Es gehöre Glück dazu und der richtige Ort zur richtigen Zeit. Es gebe vielleicht alle zehn Jahre so eine Figur, die eine solche weltweite Ausstrahlungskraft entfalte wie die junge Klimaaktivistin.

Dabei spiele die Digitalisierung nicht etwa die entscheidende Rolle für Gretas Erfolg. Sie trage vermutlich nur dazu bei, dass es heute noch schneller und einfacher sei, bekannt zu werden. Sängerlaub ist aber davon überzeugt, dass Greta auch im früheren Zeitalter der traditionellen Medien ebenso erfolgreich gewesen wäre. Sie trete mit ihren Botschaften sehr überzeugend auf und wirke sehr authentisch.

Hinzu kommt, dass Greta mit ihren Auftritten auf wichtigen Gipfeln und Konferenzen das gängige Bild solcher Veranstaltungen konterkariert. Da diese stark von älteren Männern dominiert werden, fällt die junge Frau umso mehr auf. Auch ihr bescheiden wirkendes Äußeres mit den kindlichen Zöpfen steht im scharfen Gegensatz zu dem gängigen Erscheinungsbild junger Frauen, das in Werbung und Medien sonst viel Verbreitung findet. „Greta wirkt grandios zwischen all den alten Herren, zumal sie sehr überzeugend für ihre Sache eintritt“, sagt Sängerlaub.

Greta in der Corona-Pause

Seit einiger Zeit ist es um Greta stiller geworden. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie war sie zu einer Pause bei ihren öffentlichen Auftritten gezwungen. Zuletzt war die junge Frau noch Anfang März in verschiedenen europäischen Städten unterwegs, bis sie sich in ihre Stockholmer Wohnung zurückzog. Die Aktivisten von „Fridays for Future“ mussten weltweit zunächst auf öffentliche Veranstaltungen verzichten. „Corona hat alle anderen Themen beiseite gedrängt“, erläutert Kommunikationswissenschaftler Sängerlaub, warum Greta medial nicht mehr vorhanden zu sein scheint. „Es gibt eigentlich kaum noch ein anderes Thema als Covid-19.“

In den sozialen Medien ist Greta unverändert aktiv, um ihre Gedanken mit ihren Anhängern zu teilen. Über Twitter forderte sie zu Solidarität mit dem Gesundheitspersonal auf und postete zwischendurch, sie selbst sei an Covid-19 erkrankt – ein Testergebnis gab es aber offenbar nicht. Eigentlich hatte Greta für ihre Aktivitäten in der Schule ein „Gap Year“ eingelegt.

Schon Ende Februar 2020 titelten viele deutsche Medien: „Fridays for Future verliert ihren Greta-Effekt“. Tatsächlich zeigt die Studie eines internationalen Forscherteams, dass Gretas Bedeutung für die Bewegung „Fridays for Future“ offenbar abnimmt.6 Bei einer internationalen Befragung anlässlich des globalen Klimastreiks im September 2019 hatte nur noch etwas weniger als ein Drittel der Teilnehmer angegeben, dass die schwedische Aktivistin ihre Teilnahme beeinflusst habe. Dieser Wert hatte bei der ersten Befragung im März 2019 noch bei knapp 40 Prozent gelegen. In Deutschland verzeichnete das Forscherteam sogar einen noch deutlicheren Rückgang binnen sechs Monaten von 39 auf 25 Prozent.

An den Ergebnissen zeige sich vor allem, dass „Fridays for Future“ sich als Bewegung zwischen März und September 2019 stärker etabliert habe, sagt der Politologe Piotr Kocyba, der für die TU Chemnitz an der Studie mitwirkte. „Es gibt eigene lokale Gesichter“, schildert er eine Entwicklung, bei der die Initiatorin zwar an Bedeutung verliere, die Bewegung aber ein stärkeres Eigenleben entfalte, bei dem jetzt auch andere Führungspersönlichkeiten eine Rolle spielen.

Dazu passt auch die Wahrnehmung innerhalb der Bewegung: „Am Anfang war Fridays for Future natürlich sehr geprägt von ihr“, sagt die deutsche Klima-Aktivistin Carla Reemtsma über das heutige Verhältnis der Bewegung zu ihrem Aushängeschild. „Es hat dann abgenommen, als immer mehr Menschen Streiks organisiert haben.“ Greta sei aber für den internationalen Zusammenhalt unverändert sehr wichtig, weil sie der Bewegung eine Stimme gebe.7

Die Kommunikationswissenschaftlerin Schmid-Petri erwartet, dass der Galionsfigur weiterhin eine Schlüsselrolle zuwachsen könnte, wenn „Fridays for Future“ mit der Lockerung der Corona-Regeln wieder öffentlich auftreten kann. Da könne Greta sogar wieder besonders wichtig werden, um den Protesten wieder neuen Schwung zu geben.

Auch der Kommunikationswissenschaftler Sängerlaub glaubt nicht, dass Greta aus der Öffentlichkeit verschwinden werde. „Dafür war sie vor allem in den Anfängen viel zu präsent.“ Selbst wenn sich die Klimaschutzbewegung vielleicht stärker von ihrer Gallionsfigur emanzipiere, bleibe Greta für viele die Persönlichkeit, von der die Initiative ausgegangen sei und die viele dazu bewegt habe, zum ersten Mal auf die Straße zu gehen.

Sängerlaub vergleicht Greta in ihrer Bedeutung für die Klimaschutzbewegung mit der des Whistleblowers Edward Snowden, der wegen seines Engagements in der Affäre rund um den US-Geheimdienst NSA bis heute die Leitfigur der netzpolitischen Bewegung sei.

„Natürlich können Helden auch fallen“, sagt Sängerlaub, aber wenn Greta, wie bisher, glaubhaft und ohne Skandale engagiert bleibe, werde sie die „Ikone“ der Klimaschutzbewegung bleiben.


Fußnoten:


  1. Telefon-Interview der Autorin mit Alexander Sängerlaub im Mai 2020. ↩︎

  2. Telefon-Interview der Autorin mit Professor Hannah Schmid-Petri im Mai 2020. ↩︎

  3. dpa-Interview mit Volker Lilienthal: Experte: Greta ist kein Selbstläufer. In: „Die Welt“, 16.08.2019. ↩︎

  4. Carsten Schmiester im Gespräch mit Axel Rahmlow: Das Phänomen Thunberg. Greta als Allheilsbotschafterin, Deutschlandfunk Kultur, 17.04.2019 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/das-phaenomen-thunberg-greta-als-allheilsbotschafterin.1008.de.html?dram:article_id=446640). ↩︎

  5. Karl Doemens: Greta und der Protest vor dem Weißen Haus, Marsch für die Medien, RND-Medien, 13.09.2019 (https://www.rnd.de/politik/thunberg-und-der-protest-vor-dem-weissen-haus-marsch-fur-die-medien-VN6VD3LIHJAQ7H4OD54M2YPAH4.html). ↩︎

  6. Zur Studie: https://www.tu-chemnitz.de/tu/pressestelle/aktuell/10004. Die Autorin führte auch ein Telefon-Interview mit Dr. Piotr Kocyba. ↩︎

  7. Carla Reemtsma im Interview: „Nur Überschriften lesen, das reicht nicht.“ In: „Tagesspiegel“, 31.05.2020. ↩︎