1938: Dritter Moskauer Prozess

aus OWEP 4/2017  •  von Andreas Alexandrou

Andreas Alexandrou: Student des Masterstudiengangs Geschichte Osteuropas und Romanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Der dritte Moskauer Prozess (oder „Prozess der 21“, nach der Anzahl der Angeklagten), der im Haus der Gewerkschaften in Moskau stattfand, war der letzte große Schauprozess gegen so genannte „Feinde des Staates“.

In den Moskauer Prozessen wurden hochrangige Parteimitglieder und Revolutionäre zu Lagerhaft oder zum Tode verurteilt. Der Prozess der 21 war der letzte, entscheidende Schlag Stalins gegen das Schreckensbild „Trotzki“: Nachdem es Ende der 1920er Jahre klar war, dass die Revolution in Deutschland und China gescheitert war, setzte sich Stalin mit seiner Vorstellung des „Sozialismus in einem Land“ gegen den internationalistisch gesinnten Leo Trotzki durch. Nach dessen Verbannung und dem Exil seiner wichtigsten Unterstützer, Sinowjew und Kamenew, 1934 wandte sich Stalin gegen seinen ehemaligen Verbündeten Bucharin, der ihn bei der Verbannung Trotzkis unterstützt hatte. Genrich Jagoda, Chef des Volkskommissariats für innere Angelegenheiten (NKWD) und Mitorganisator des ersten Prozesses, der ehemalige Premierminister Alexei Rykow, zwei ehemalige Botschafter, die beide mit Trotzki sympathisierten, ein sowjetischer Agent, mehrere ehemalige Volkskommissare bzw. Minister, drei Ärzte und der Sekretär Maxim Gorkis wurden mitangeklagt. Bucharin wurde vorgeworfen, er habe gemeinsam mit anderen geplant, Lenin und Stalin umzubringen. Jagoda, dem Gründer der „Kamera“, dem Giftlaboratorium des sowjetischen Geheimdienstes, und Bucharin sei es gelungen, Maxim Gorki 1936 zu vergiften. Jagoda, der den Bau des Weißmeer- und Moskau-Wolgakanals geleitet hatte, bat Stalin umsonst um Gnade.

Um Bucharin zum Geständnis zu bewegen, wurde seine Familie bedroht, er und andere Mitangeklagte wurden gefoltert. Neben den Mordbeschuldigungen wurde den 21 Sabotage, Spionage für die Briten, Deutschen, Japaner und Franzosen sowie Landesverrat vorgeworfen. 19 der 21 Angeklagten wurden erschossen.

Der Prozess ist Teil Stalins gezielter Liquidierung der alten bolschewistischen Garde – fast niemand, abgesehen von Stalin selbst, überlebte die dreißiger Jahre.