1918 – Eine Welt im Umbruch

aus OWEP 1/2018  •  von Jochen Böhler

Dr. Jochen Böhler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Imre Kertész Kolleg Jena und war 2017 Gastprofessor an der Sorbonne Universität LabEx-Axe 5: „La Violence des Guerres et les Traces des Guerres“.

Zusammenfassung

Das Jahr 1918 war eine Zeitenwende. Mit ihr setzte in Europa das Ende der großen Imperien ein, zugleich wurden inmitten des Kontinents neue Nationalstaaten geboren. Der Erste Weltkrieg, von der alten Ordnung selbst vom Zaun gebrochen, besiegelte deren Untergang. Unbill und Schrecken eines immer sinnloser erscheinenden Waffenganges entfremdeten den politischen Eliten die von ihnen beherrschten Massen. Da diese dabei die größte Last zu tragen hatten, konnte dies auf Dauer nicht gut gehen. In Russland kam es bereits 1917 zur Revolution, 1918 brachen die Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn zusammen. Die Niederlage brachte die Revolution nach Deutschland. In Russland war sie mittlerweile in einen Bürgerkrieg übergegangen, an dem sich nicht nur einheimische Kräfte, sondern auch alliierte Truppenkontingente beteiligten. Zeitgleich wurde in Paris am Verhandlungstisch um die Nachkriegsordnung gerungen und der Völkerbund ins Leben gerufen, um diese zu schützen. Doch die Entwicklungen nahmen ihren eigenen Gang: Ein mitteleuropäischer Bürgerkrieg von 1918 bis 1921 zwischen den neu entstandenen Nationalstaaten um das Erbe der gestrauchelten Imperien stellt unsere Wahrnehmung infrage, dass im November 1918 der Erste Weltkrieg endgültig beendet war.

Vorboten

Die europäischen Großmächte waren 1914 eigentlich angetreten, um den Kontinent im Laufe eines kurzen Waffenganges neu zu ordnen. Die Neuordnung sollte ihnen tatsächlich gelingen. Nur ging sie nicht so schnell vonstatten wie erhofft, und auch ihr Ergebnis wich weit von den avisierten Zielen ab: Nach 1918 waren drei der zuvor kriegsführenden Imperien, deren Herrschaftsgebiet sich über zwei Drittel der europäischen Landmasse erstreckt hatte, im Orkus der Geschichte verschwunden.1

Bereits die Intensität des Ersten Weltkriegs mit seinen großen Materialschlachten ließ erahnen, dass danach nichts mehr so sein würde wie zuvor. Der Krieg wurde zwar – mit einigen bemerkenswerten Ausnahmen – konventionell geführt. Doch war er insofern total, als er die Gesellschaften der beteiligten Großmächte insgesamt mit in die Kriegsanstrengung einband. Außerdem machten die Menschen an den Fronten in Ost- und Westeuropa unmittelbare Bekanntschaft mit den Schrecken des Krieges – nur Deutschland selber wurde wie durch ein Wunder davon bis 1918 verschont. Die Kriegsbegeisterung der Massen 1914 ist zwar ein Mythos, aber breite Ablehnung fand der Krieg in seinen ersten Jahren nicht. Allerorts entdeckten linke Intellektuelle ihren Patriotismus (rechte brauchten ihn nicht neu zu aktivieren, er war ihr Programm). Doch je länger der erwartete Frieden ausblieb, und je höhere Verluste an Menschen und Material der Krieg forderte und der Front und Heimat somit Entbehrungen und Leiden auferlegte, desto stärker wuchs in allen kriegsbeteiligten Ländern der Unmut. Der soziale Sprengstoff, der sich hier ansammelte, wurde immer mehr zur inneren Bedrohung der alten Ordnung, die schon außen bald nur noch um ihr Überleben kämpfte.

Das erste Imperium, das fiel, war das Zarenreich. Während seine Soldaten an der Front 1917 den Sinn des Krieges zunehmend bezweifelten und reihenweise zu desertieren begannen, zündelten zu Hause die Revolutionäre am Pulverfass. Die bürgerliche Revolution von 1917 allerdings brachte es noch nicht zur Explosion, war sie doch bemüht, die alte Ordnung unter Durchführung demokratisch-parlamentarischer Reformen zu bewahren und den Krieg in den Reihen der Entente gegen die Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn weiterzuführen. Die Massen wollten etwas anderes: Die Bolschewisten, die im Oktober 1917 die zweite, radikale Revolution durchführten, traten nicht nur mit einem universalen Gleichheitsversprechen an, sondern auch mit dem Versprechen, den Krieg zu beenden.

Die Wende im Osten

Diese Haltung der Bolschewisten sorgte Anfang 1918 für eine radikale Neuordnung Osteuropas. Russlands Westfront war die Ostfront der Mittelmächte. Mit seinem Ausstieg aus dem Krieg lagen Russlands Weiten ausgestreckt vor den deutschen und österreichischen Truppen. Sie konnten sie umstandslos besetzen. Die Grundlage dafür schufen zwei im Frühjahr 1918 geschlossene Verträge. Der erste erkannte die Ukraine erstmals als eigenen Staat an, in Wirklichkeit wurde sie von einer Marionettenregierung der Mittelmächte regiert. Der zweite schloss Frieden mit Russland und beinhaltete gigantische Gebietsabtretungen. Im Prinzip standen die einfachen Soldaten Österreich-Ungarns und des Deutschen Reiches zwischen Februar und November 1918 in denselben Räumen, die sie teils als Generäle, und die nachfolgende, nicht kriegserfahrene Generation als Soldaten ab 1939 erneut zu erobern suchten.

Damit war allerdings die deutsche und österreichische Macht in Ostmittel- und Osteuropa 1918 an ihrem Zenit angelangt und begann bereits zu bröckeln – ihr Imperium war außerdem auch nur sehr begrenzt mit dem zweiten zwischen 1939 und 1945 vergleichbar. Die Militärdiktatur im „Ostland“ war zwar hart, und in den Militärgouvernements Warschau (deutsch) und Lublin (österreichisch) wurden Plünderungen nur halbherzig als Requisitionen bemäntelt, aber insgesamt blieben der örtlichen Bevölkerung Massenmorde erspart. Dennoch entglitt den Besatzern 1918 allmählich die Kontrolle. Die Ukraine, die als „Kornkammer Europas“ die Versorgung der immer unzufriedeneren Heimatbevölkerung sicherstellen sollte, hatten sie 1918 von Beginn an sowieso nur scheinbar beherrscht, ihre Stärke reichte gar nicht aus, um das ganze geschenkte Land im Osten zu durchdringen und zu sichern. Dort wie in Polen waren Angebote zur Mitbestimmung der lokalen Eliten allenfalls Lippenbekenntnisse, um deren Kooperation zu sichern und die eigenen Truppenkontingente mit deren Soldaten zu erhöhen. Das Konzept war leicht durchschaubar und ging daher nicht auf. Als Ende 1918 die Westfront zusammenbrach, implodierte die Ostfront (die eigentlich gar keine Front mehr war, eher eine Truppenverteilung), nur Tage lagen zwischen beiden Ereignissen. Die deutsche und österreichische Herrschaft in Osteuropa war gegen Ende nicht mehr als ein Kartenhaus.

Das Ende im Westen

Die totale Niederlage im Westen war absehbar gewesen, die deutsche Heeresführung hatte sie nur nicht wahrhaben wollen und so lange wie möglich hinausgezögert. Daher war es für deutsche Soldaten auch so schwer, sie zu begreifen und zu akzeptieren –1918 hatten sie noch ein Gebiet verteidigt, das von kurz vor Paris bis in den Osten der Ukraine reichte. Die meisten von ihnen wollten nach Jahren des Schreckens und der Entbehrung zwar wohl einfach nur nach Hause. Viele jedoch, die sich von der alten Ordnung betrogen fühlten oder sie innerlich bereits vorher abgelehnt hatten, kehrten radikalisiert zurück. Ein Teil von ihnen brachte die Revolution ins Deutsche Reich. Nach russischem Muster bildeten sich Soldatenräte, den Offizieren wurde der Gehorsam verweigert. Im November 1918 fiel das Imperium in Scherben, Deutschland befand sich inmitten eines Bürgerkriegs.

Ein anderer Teil der Soldaten machte gerade die soziale Revolution für die Niederlage verantwortlich. Sie ließen sich von der „Dolchstoßlegende“ verführen, die die blamierte deutsche Militärführung in die Welt gesetzt hatte, um ihren Ruf zu retten, und fühlten sich gleichermaßen von denjenigen im Stich gelassen, für die sie gekämpft hatten. Nunmehr machten sie ihre eigenen Gesetze. Als Freikorps wurden sie zu Söldnerheeren, die teils für, teils gegen die Reichsregierung kämpften. Sie standen im Baltikum und in Oberschlesien, aber auch mitten in der Heimat, wo sie sich als eine von vielen bewaffneten Fraktionen am Bürgerkrieg beteiligten. Sie waren Teil einer europäischen konterrevolutionären und antidemokratischen paramilitärischen Bewegung, die vor allem in Kommunisten und Juden ihre Feinde sah, die sie gnadenlos bekämpfte. Ihre radikale Gewalt ließ sich im Mitteleuropa der Zwischenkriegszeit nur schwer eindämmen.

Eine neue Ordnung

Großbritannien, Frankreich und die USA blickten 1918 auf den Scherbenhaufen, den der Erste Weltkrieg hinterlassen hatte, und fragten sich, wie um alles in der Welt sich hierauf eine solide Nachkriegsordnung aufbauen ließe. Nächstliegend war die Sicherung des Friedens. Ab Ende 1918 tagten in mehreren Pariser Vororten unzählige Gremien, um die im Krieg zerstörten Beziehungen im Frieden wieder zu kitten. Die ökonomische Zukunft des Kontinents, der unschätzbare Zerstörungen erlitten hatte und von Inflation heimgesucht wurde, hing davon ab. Auf lange Sicht sollte ein erneuter Waffengang dieser Art, da waren sich alle einig, für immer verhindert werden. Dieser hatte zehn Millionen Soldaten das Leben gekostet. Weitere Millionen von Entwurzelten und Flüchtlingen strömten westwärts, vor allem aus dem revolutionären Russland.

Worauf man schließlich kam, um dem Nachkriegschaos Herr zu werden, war der Vorläufer der Vereinten Nationen, den man damals etwas altmodisch „Völkerbund“ nannte. Er wurde Ende 1918 in Paris angedacht und nahm Anfang 1920 seine Arbeit auf. Er galt als supranationales Appellations- und Schlichtungsorgan. Zwischenstaatliche Konflikte sollten hier, wenn sie aufkeimten, ohne Waffengewalt gelöst werden. Gruppierungen wie Heimatlose oder ethnische Minderheiten, die im Zwischenkriegseuropa oftmals staatlicher Willkür ausgeliefert waren, sollten hier Schutz finden und ihr Recht einklagen können.

Von der Idee her wäre die Sache eine Innovation globaler Tragweite gewesen, wären die USA oder Russland ihm beigetreten, was sie aber nicht taten. Da sowieso nur die Hauptsiegermächte des Ersten Weltkriegs in ihm vertreten waren, blieb auch Deutschland von vorneherein außen vor.2 In den 1930er Jahren verlor er zunehmend an Einfluss und Mitgliedern, darunter Japan, die letzte außereuropäische Großmacht. Aber auch in der Praxis erwies sich der Völkerbund oftmals als enttäuschend zahnlos. Von Beginn an waren die Erfolge bescheiden. Schon den griechisch-türkischen Krieg von 1919 bis 1922 hatte er nicht verhindern können – und soweit muss man gar nicht schauen, um zu sehen, welche Entwicklungen bereits im Gründungsjahr eigentlich an ihm vorbeigingen.

Kein Ende der Gewalt

Am Abend des Waffenstillstandes soll Winston Churchill zu Lloyd George sinngemäß gesagt haben: „Der Krieg der Giganten ist vorbei. Nun beginnt der Krieg der Pygmäen.“ Bis heute ist diese Anekdote unbelegt, aber sie spiegelt eine Denkfigur Churchills, die sich in seinen Reden gegen Kriegsende immer wiederfindet. Als Bonmot gern zitiert und goutiert, steht sie doch nur für eine Überheblichkeit des Westens, die völlig fehl am Platze ist.

Worauf Churchill anspielte, ist klar: Während der Erste Weltkrieg mit seinen großen Materialschlachten im November 1918 endgültig Geschichte war, ging er in Mittel- und Osteuropa in einen, nein zwei große Bürgerkriege über: In Russland hatten die alten Eliten nach den beiden Revolutionen von 1917 nicht einfach sang- und klanglos abgedankt. Sie formierten sich in einer buntscheckigen antikommunistischen Phalanx, die sich „Die Weißen“ nannten, angetreten, um die Veränderungen der Revolution mit Waffengewalt wieder rückgängig zu machen. Ihnen zur Seite standen Streitkräfte der Alliierten, die der Amerikaner in Archangelsk und Wladiwostok, die der Franzosen in Odessa. Giganten sehen anders aus: Die entsandten Truppen der Westmächte machten im Osten eine schlechte Figur. Abgerissen und kriegsmüde, voller Zweifel am Sinn ihrer Mission, reihten sie sich nahtlos ein in die Menge demobilisierter und demoralisierter Soldaten, die das Land unsicher machten.

Was nun folgte, war die größte Katastrophe, die die Menschheit bisher erlebt hatte. Der russische Bürgerkrieg zwischen den Weißen, den Kriegsherren der Bauernarmeen (die ihr Land gegen die drohende Kollektivierung verteidigten) und der Roten Revolutionsarmee kostete etwa drei Millionen Menschen das Leben; hinzu kamen über zwei Millionen Hungertote. Mitarbeiter der „American Relief Administration“ bekämpften in diesem Wahnsinn Seuche und Hunger und dokumentierten mit ihren Fotos von Leichenbergen das Grauen in „Bololand“ (wie sie das bolschewistische Russland nannten), das so gar nicht in das Bild passte, das die Sowjets selbst von den „Segnungen“ der Revolution nach außen transportierten. Danach war ihnen ihre Außenwirkung augenscheinlich sowieso egal: Nachdem die Weißen geschlagen, die Alliierten abgezogen und die Bauern besiegt waren, gingen sie, unterbrochen von einigen Jahren einer moderaten „Neuen Ökonomischen Politik“, wieder zu einer Zwangskollektivierung des Bauernlandes über, was Anfang der 1930er Jahre zu drei Millionen Hungertoten allein in der Ukraine führte.3

Westlich des russischen Bürgerkrieges tobte zwischen 1918 und 1921 ein anderer, ein mitteleuropäischer Bürgerkrieg. Hier ging es nicht um ein verzweifeltes Ringen der alten mit der neuen Ordnung. Hier traten die Erben der gefallenen Großreiche – Russland, Österreich-Ungarn und Deutschland – an, um sich einen größtmöglichen Anteil der imperialen Konkursmasse zu sichern. Was sich hier unmittelbar vor unserer Haustür abspielte, ist heute so gut wie in Vergessenheit geraten. Die sich neu bildenden Nationalstaaten Polen, Litauen, die Ukraine (die es nicht schaffte und zur Sowjetrepublik wurde), die Tschechoslowakei, das neue Ungarn – jeder befand sich zu Beginn der neuen Ära mit mindestens einem der anderen in einem bewaffneten Konflikt.

Da es meist um unerklärte Kriege wegen neu auszuhandelnder Grenzen ging und in Grenzregionen immer Bevölkerungen leben, die Elemente beider Seiten (und mehr) in sich vereinten, handelte es sich dabei ausnahmslos um Bruderkriege – das macht ihre besondere Tragik aus. Deutschland war davon nicht unberührt: Entgegen der landläufigen Meinung hüben wie drüben waren die deutsch-polnischen Konflikte um Oberschlesien in Wirklichkeit kein unerklärter Staaten-, sondern ein Bürgerkrieg. Oberschlesier waren in der Regel zweisprachig und sahen sich als eine eigenständige Gruppe zwischen Deutschen und Polen. Ihre Radikalisierung und Zuordnung zur deutschen beziehungsweise polnischen Seite war eine Folge, nicht die Ursache der jahrelangen Scharmützel zwischen polnischen und deutschen Paramilitärs. Paramilitärische Gewalt aber – und das ist auch ein Punkt, den man gegen Churchills Hybris anführen kann – war kein Alleinstellungsmerkmal von Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa, denn auch Irland und Deutschland versanken damals in den Wirren des Bürgerkriegs.

Ausblick

Nach 1918 war Europa zweigeteilt in ein sowjetisches Osteuropa und ein nationalstaatliches Resteuropa. Hier war jedoch durch den mitteleuropäischen Bürgerkrieg die Saat für Zwist und Zwietracht gesät. Das Prinzip der Selbstbestimmung war mit Woodrow Wilsons 14 Punkten 1918 ins Spiel gebracht worden, um dem egalitär-utopischen Modell der russischen Revolutionäre eine demokratische Variante entgegenzusetzen, mit der sich die Massen identifizieren konnten. Es erwies sich als Bumerang, weil die 14 Punkte von den Adressaten ethno-national interpretiert wurde: Jede Grenzregelung, die im Rahmen der Friedensverhandlungen in Paris ab 1918 ratifiziert wurde, schuf neue Feinde – der Revisionismus der Zwischenkriegszeit war geboren.

Viel mehr als die Vertragsklauseln von Versailles waren es die Gebiets- und Bevölkerungsverluste von 1918 bis 1921, die in der Weimarer Republik lagerübergreifend die Gemüter kochen ließen. Bevor Hitler sein genozidales Programm gegen Slawen und Juden im besetzten Osteuropa durchführte, hatte er eine ganz andere Agenda, gewissermaßen die Kehrseite der Medaille: Die Deutschen, die mit der neuen kontinentalen Ordnung ab 1918 vom Reich getrennt worden waren, sollten „heimgeholt“ werden. Mit diesem Argument annektierte er 1938 Österreich, zerstörte die Tschechoslowakei und griff 1939 Polen an. Die oftmals unausgegorenen Friedensordnungen der Pariser Vorortverträge nach 1918 waren nur zum Teil schuld daran. Viel schwerer wog, dass die Nationalstaaten – die alten wie die neuen – ihre scharf gezogenen Grenzen nach einem Kriterium definiert hatten, das sich eben nicht scharf abgrenzen ließ: ethnische Zugehörigkeit. Und so legte – neben deutschem Größen- und Rassenwahn – 1918 mit den Grundstein für 1939.

Auf lange Sicht aber flog den Imperien, die nach der Zeitenwende 1918 noch nicht von der europäischen Landkarte verschwunden waren, das Prinzip der Selbstbestimmung ebenfalls um die Ohren: Ihre Kolonien hatten sich mit Soldaten am Ersten Weltkrieg beteiligt. Nach 1918 sahen diese nicht ein, warum das Recht auf Selbstbestimmung nur für Weiße im Westen gelten sollte. Der Prozess der Dekolonisierung setzte 1918 ein. Bis zu seinem Ende aber sollte noch ein halbes Jahrhundert vergehen.

Fußnoten:


  1. Die auf S. 2 (der gedruckten Version) des vorliegenden Heftes eingefügten beiden Skizzen verdeutlichen die Veränderungen auf der europäischen Landkarte im Gefolge des Ersten Weltkriegs. Deutlich wird vor allem die völlige Auflösung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Ebenso erkennbar sind die territorialen Verluste des Deutsches Reichs (in der Skizze wie auch im Beitrag z. T. vereinfacht als „Deutschland“ bezeichnet) und Russlands bzw. der Sowjetunion. Auch wenn seither 100 Jahre vergangen sind, ist festzuhalten, dass die gegenwärtige politische Gliederung Europas weitgehend auf die Friedensschlüsse nach dem Ersten Weltkrieg zurückgeht (Anm. d. Redaktion). ↩︎

  2. Die USA traten dem Völkerbund überhaupt nicht bei. Deutschland wurde erst 1926 aufgenommen und trat 1933 aus, Japan (Gründungsmitglied) verließ den Völkerbund 1933. Die Sowjetunion trat 1934 bei und wurde 1939 ausgeschlossen (Anm. d. Redaktion). ↩︎

  3. Zum Hintergrund vgl. die Beiträge in OST-WEST. Europäische Perspektiven 18 (2017), H. 4 „100 Jahre Oktoberrevolution. Eine alternative Chronik der Sowjetunion“ zu den Jahren 1919, 1921 und 1933↩︎