CorruptTour

(Textkasten)
aus OWEP 4/2012  •  von Jaroslav Šonka

Dr. Jaroslav Šonka ist Direktor des European Shoah Legacy Institute in Prag.

Eine neue Agentur „CorruptTour“ führt in Prag zu überteuerten Objekten: Teile der Finanzierung flossen in private Taschen. Tschechen folgen mit Wut, Ausländer mit Verwunderung, wenn etwa spekuliert wird, ob Schmiergeld im Weinkarton mehr oder weniger wiegt als der Wein. Ein korrupter Politiker bekam Millionen im Weinkarton – und ahnte dies angeblich nicht. Schnellen Reichtum, Jeep-ähnliche Angeberautos, scheußliche Villen mit Einbruchschutz, aggressive body guards, betrügerische Projekte und die Geschichten dazu: Das alles thematisieren die Stadtführer.

Nach 1989 wandelten sich kommunistische Eliten rasch zu Kapitalisten. Václav Klaus forderte dann eine „Marktwirtschaft ohne Attribute“. Die Regierung spart, während die Verwendung der europäischen Fonds erlahmt. Eingespart wird nur etwa ein Siebentel dessen, was man von Europa bekommen könnte. Gegenüber Europa betrügt es sich nicht so leicht. Die Nation ist wütend und reagiert mit bitterem Humor. So sagt man heute statt „Mariánské náměstí“ „Mafiánské náměstí“. Auf diesem Platz (náměstí) ist das Prager Rathaus, wo lange Zeit „Paten“ mit den Politikern Gelder umlenkten.